Geheim!
Habe heute die Gelegenheit benutzt, da ich Radoslawow zum glänzenden bulgarischen Sieg bei Tutracan beglückwünschte, um ihm vertraulich von den sonderbaren Illusionen der Entente zu sprechen, wie sie sich in den geplanten Sonderfriedensvorschlägen: Abdankung des Königs, Rücktritt Radoslawows, Verzicht auf Mazedonien, äußerten. Das gleichzeitige Angebot des Cavala-Gebiets an die Türkei erwähnte ich dabei nur flüchtig.
Radoslawow, der in sehr guter Stimmung, lachte mit mir über die Nachricht. Er wiederholte, die Entente habe bis zuletzt geglaubt, Bulgarien werde mit ihr gehen. Derussi, der wenige Tage vor Kriegsbeginn aus Urlaub hierher zurückgekehrt, habe offenbar gehofft, die letzten Abmachungen treffen zu können. Derussi’s Pläne seien von dem früheren Minister Malinow und auch dem Nationalisten Todorow unterstützt worden, die vergebens versucht, bei Seiner Majestät dem König vorgelassen zu werden. Radoslawow macht mir fortgesetzt einen sehr zuversichtlichen Eindruck und ist froh und stolz, daß es den Bulgaren gelang, die Russen zu schlagen. Stellenweise scheint dieser Erfolg aber vorläufig eine leichte Beklemmung zu verursachen, aus Sorge vor einer großen russischen Racheexpedition. Herr Cossew sagte mir, er werde erst ganz ruhig sein, wenn die Bulgaren die Linie Constanza-Medjidia erreicht. Auch Seine Majestät der König selbst scheint nach einer Bemerkung Radoslawows noch nicht ganz frei von Sorge vor einer russischen Invasion.