1909-05-15-DE-003
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Quelle: DE/PA-AA/R 13186
Zentraljournal: 1909-A-08898
Erste Internetveröffentlichung: 2009 April
Edition: Adana 1909
Praesentatsdatum: 05/22/1909 p.m.
Laufende Botschafts/Konsulats-Nummer: J.No. 1474/K.No. 54
Letzte Änderung: 03/23/2012


Der Konsul in Beirut (Schoeder) an den Reichskanzler (Bülow)

Bericht



J.No. 1474 / K.No. 54
Die eine Zeit lang hier gehegte Befürchtung, dass die Christenverfolgungen von Cilicien und Nordsyrien auch auf Mittelsyrien sich ausdehnen könnten, hat sich nicht bewahrheitet. In den volkreichen Städten Aleppo, Beirut und Damaskus sind bisher keinerlei Ausschreitungen vorgekommen, und es herrscht hier zur Zeit vollkommene Ruhe und Sicherheit.

Am 25. April wurde in einem benachbarten Dorfe des Libanon ein Muhammedaner von einem Christen ermordet, der sich der Verhaftung durch die Flucht entzog und sich im Libanongebirge verborgen hält. Dieses Ereignis rief bei dem hiesigen muhammedanischen Pöbel eine gewisse Aufregung hervor, weil dieser immer geneigt ist, die Nichtsergreifung eines christlichen Mörders im Libanon dem Umstande zuzuschreiben, dass die christlichen Lokalbehörden im Libanon die Verfolgung christlicher Übeltäter, die sich der Ermordung von Muhammedanern schuldig machen, angeblich lässig betreibe. Ein Haufen muhammedanischen Gesindels zog vor die Wohnung des Libanongouverneurs Jussuf Pascha und stieß Drohungen gegen ihn aus, welche letzteren, einen etwas ängstlichen Herrn, bewogen, mit seiner Familie Beirut zu verlassen und nach Aleih, einem Dorfe im Libanon zu ziehen. Inzwischen hat sich aber die Aufregung der durch ihre Feigheit bekannten einheimischen Christen hiesiger Stadt vollständig gelegt und es sind keine Unruhen zu befürchten, zumal der Vali von Beirut und seine Beamten ebenso wie die höheren Klassen der muhammedanischen Bevölkerung fest zur jungtürkischen Partei halten und jede Bewegung gegen die Christen energisch zu unterdrücken entschlossen sind.

S.M.S. „Lübeck“, welches am 2. d.M von Kiel hier eintraf, ist am 6. Mai nach Mersina weitergefahren, um dort S.M.S. „Hamburg“ abzulösen. Letzteres Fahrzeug traf am 11. d.M. von Mersina, Alexandrette und Lattakije kommend hier ein und fuhr am Abend des folgenden Tages über Haifa und Jaffa nach Port-Said weiter.

Zur Zeit liegen hier der französische Panzerkreuzer „Jules Michelet“ vor Anker. Gestern vormittag ist das türkische Linienschiff “Hamidie“ hier angekommen.

Gleichlautenden Bericht habe ich dem Kaiserlichen Herrn Botschafter in Konstantinopel erstattet.


Schroeder



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