1913-06-18-DE-001
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Quelle: DE/PA-AA/R 14080
Zentraljournal: 1913-A-13175
Erste Internetveröffentlichung: 2017 November
Edition: Armenische Reformen
Praesentatsdatum: 07/11/1913 a.m.
Laufende Botschafts/Konsulats-Nummer: Bericht Nr 37/J.Nr.G. 12
Zustand: A
Letzte Änderung: 11/19/2017


Der Konsul in Trapezunt (Bergfeld) an den Reichskanzler (Bethmann Hollweg)

Bericht


Trapezunt, den 18. Juni 1813

In letzter Zeit ist in den Tageblättern Europas vielfach von der Auswanderung der Armenier aus dem östlichen Anatolien nach Amerika die Rede gewesen. Über diesen Punkt angestellte Erhebungen haben das folgende Ergebnis geliefert:

Die Auswanderung beschränkt sich auf die Zeit von Mitte April bis Mitte September, weil in dem Winterhalbjahr die Wege im Innern und von dort nach der Küste durch Schnee gesperrt sind. Die Auswanderer aus den Provinzen Erzerum, Bitlis und Wan nehmen ihren Weg in der Regel über Trapezunt. In letzter Zeit treten sie auch bisweilen die Reise über Russland an und schiffen sich in Batum ein. In beiden Fällen begeben sie sich über Marseille nach New York. Ihre Zahl belief sich im vorigen Jahr auf etwa 270 Personen; in diesem Jahr ist sie bis zum 12.d.M. bereits auf mehr denn 800 gestiegen, wovon ungefähr 250 Personen den Weg über Batum wählten. Die Emigranten sind meist Männer des verschiedensten Alters. Frauen befinden sich im allgemeinen nur 5 v.H. unter ihnen. Dies deutet darauf hin, dass es sich in der Regel nur um Sachsengängerei handelt und dass die Auswanderer nach einer Reihe von Jahren in ihre Heimat zurückkehren. Tatsächlich findet auch eine Rückwanderung statt. Indessen scheint bei der auffallenden Zunahme der Auswanderung in diesem Jahr die zunehmende Unsicherheit im östlichen Anatolien, unter der vor allen Dingen die Armenier zu leiden haben, mitzuwirken. Wenn gleichwohl die Zahl der Frauen im Verhältnis zur Gesamtzahl nicht gestiegen ist, so dürfte dies auf den hohen Preis der Überfahrt nach Amerika zurückzuführen sein. Er beträgt 22 türkische Pfund. Diese Summe ist im Verhältnis zu dem Wert des Geldes im Innern beträchtlich, und die Behauptung mancher Auswanderer, dass sie ihre Familie nachkommen lassen wollen, sobald sie genügend Geld verdient haben, erscheint glaubwürdig.

Die Behörden stehen der Auswanderung anscheinend sympatisch gegenüber. Jedenfalls bereiten sie den Emigranten keinerlei Schwierigkeiten, und man hört vielfach die Ansicht, dass dem jetzigen Regime mit seinen türkisch nationalen Neigungen eine Abwanderung der Armenier nicht unwillkommen sei.

Einen gleichlautenden Bericht habe ich der Kaiserlichen Botschaft in Konstantinopel eingereicht.


Bergfeld



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