1915-08-25-DE-004
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Quelle: DE/PA-AA/R 20007
Zentraljournal: 1915-A-25859
Erste Internetveröffentlichung: 2017 Juni
Edition: Die deutsche Orient-Politik 1915.06-1916.12
Praesentatsdatum: 09/03/1915 p.m.
Laufende Botschafts/Konsulats-Nummer: B. Nr. 6752
Letzte Änderung: 11/19/2017


Der Geschäftsträger in Konstantinopel (Neurath) an den Reichkanzler (Bethmann Hollweg)

Bericht


Pera, den 25. August 1915.

Die türkische Presse nimmt die italienische Kriegserklärung mit grosser Gelassenheit auf. Die darauf bezüglichen Leitartikel geben als Grundgedanken wieder, dass die Kriegserklärung der Türkei nicht überraschend komme, dass Italien unter dem Druck seiner Verbündeten handele, und dass die Türkei stark genug sei, um auch den neuen Feind zurückzuweisen.

„Tanin“ findet die einzige Erklärung für das Vorgehen Italiens darin, dass es England Vorspanndienste leisten müsse, das seinerseits mangels tatsächlicher Erfolge einen Bluff brauche, um auf die Balkanstaaten einzuwirken. Italien stehe ganz unter der Abhängigkeit von England, König Victor Emanuel sei ein Sklave Sir Edward Greys geworden. Italien habe für immer seine Selbständigkeit eingebüsst und seine Ehre und Zukunftshoffnungen verloren.

„Sabah“ hebt hervor, die Türkei habe den Schritt Italiens vorausgesehen und sei auf seine Folgen vorbereitet. Der Abbruch der türkisch-italienischen Beziehungen sei ein Anzeichen für die Ohnmacht des Vierverbandes.

„Ikdam“ betont, dass Italien bereits vor dem Abbruch der Beziehungen der Feind der Türkei gewesen sei und als solcher gehandelt habe. Unter den feindlichen Söldnern an den Dardanellen befänden sich zahlreiche Italiener. Rom sei die Quelle aller gegen die Türkei ausgestreuten Lügen gewesen.

„Tasvir-i-efkiar“ sagt, die Abreise des Marquis Garroni mache einer zweifelhaften Lage ein Ende und werde daher von Niemand bedauert. Was die Wirkung auf die Balkanstaaten betreffe, so seien für diese die Worte des deutschen Reichskanzlers von ungleich grösserer Wichtigkeit als die Haltung Italiens. Herr von Bethmann Hollweg habe gesagt: „Wir verfügen über zahlreiche Heere, die zu neuen Angriffen bereit sind.“ Angesichts dieser inhaltsschweren Worte, die sich demnächst in Taten umsetzen würden, werde der Abbruch der Beziehungen Italiens zur Türkei auf die Balkanstaaten keinen Eindruck machen.


In Vertretung.
Neurath



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