1914-11-01-DE-006
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Quelle: DE/PA-AA/R 22403
Zentraljournal: 1914-A.H.-2039
Erste Internetveröffentlichung: 2012 April
Edition: Die deutsche Orient-Politik 1911.01-1915.05
Telegramm-Abgang: 11/01/1914 03:00 PM
Telegramm-Ankunft: 11/01/1914 07:00 PM
Praesentatsdatum: 11/02/1914 a.m.
Laufende Botschafts/Konsulats-Nummer: Nr. 74
Zustand: A
Letzte Änderung: 06/17/2017


Der Unterstaatssekretär im Auswärtigen Amt (Zimmermann) an das Große Hauptquartier (Bethmann Hollweg)

Telegraphischer Bericht



Nr. 74.

Berlin, den 1. November 1914

Der Kaiserliche Botschafter in Konstantinopel telegraphiert unter Nr. 1178:

„Für den Herrn Reichskanzler.

Geheim!

Nachdem in Türkei Kriegszustand eingetreten, kann Erfolg weiteren Vorgehens nur durch Zusammenfassung und harmonischer Zusammenarbeit aller hier tätigen deutschen Kräfte gewährleistet werden. Hindernis für solche ist die Persönlichkeit des Generals Liman von Sanders. Trotz weitgehenden Entgegenkommens von meiner Seite, ist es unmöglich gewesen, mit diesem ein Verhältnis herzustellen, das gedeihliches Zusammenarbeiten ermöglicht. Die grosse Nervosität des Genannten zusammen mit seiner Neigung, stets persönliche Gesichtspunkte den sachlichen voranzustellen, haben sein Verbleiben hier stark beeinträchtigt. Es böte sich also wohl Gelegenheit, ohne auch nur den Schein einer Zurücksetzung hervorzurufen, eine Verwendung in der Front für ihn zu finden.

Als geeigneterer Nachfolger erschiene Feldmarschall Freiherr von der Goltz, dessen ganz eigenartige Stellung in der Türkei bei der Armee und Bevölkerung ungeheure Begeisterung erwecken und der militärischen Aktion Leben und Kraft einflößen würde. Nach der Einnahme Antwerpens dürfte in der Stellung eines belgischen Generalgouverneurs das Verwaltungselement gegenüber dem militärischen so sehr in den Vordergrund treten, daß sich ein Personenwechsel in Brüssel hiermit sehr wohl rechtfertigen ließe. Den persönlichen Wünschen des Marschalls würde eine Mission der gedachten Art in der Türkei voraussichtlich entsprechen.

Verbleibt General Liman von Sanders in seiner jetzigen Stellung, so würde Verhältnis zur Kaiserl. Botschaft, zur türkischen Regierung und zu den Herren der Militärmission zu einem unhaltbaren gemacht. Enver Pascha erkennt Liman von Sanders Verdienste für die Ausbildung der türkischen Armee an, läßt aber in intimen Kreisen keinen Zweifel darüber, daß er ihn nicht ernst nimmt. Die persönliche Ehrfurcht aber, die Enver Pascha für ihn hegt, wird ihn stets daran hindern, an einem von Seiner Majestät entsandten Offizier Kritik zu üben, oder den Wunsch nach einem Personenwechsel durchblicken zu lassen.

Es erscheint zur Wahrung wichtiger Reichsinteressen geboten, in der Person des Leiters der deutschen Militärmission einen Wechsel bei Seiner Majestät zu befürworten. General Liman von Sanders hat niemals aus seinem Wunsch einen Hehl gemacht, in diesem Feldzug eine aktive Verwendung in der deutschen Armee zu finden. Ich halte eine schwere Gefährdung des Erfolgs der deutschen Arbeit in der Türkei für unvermeidlich.“

Die Anregung der Entsendung des Freiherrn von der Goltz erscheint mir sehr beachtenswert.


[Zimmermann]

[Bethmann Hollweg 3. 11. an Botschaft Konstantinopel (No. 25)]


Geheim.

Auf Tel. No. 1178.

Obgleich Feldmarschall von der Goltz augenblicklich auch hier als Generalgouverneur von Belgien wichtigen Posten bekleidet, würde S.M. der Kaiser sich angesichts der Lage doch bereit finden denselben an Stelle von Liman von Sanders nach Constantinopel zu senden. Vorbedingung ist jedoch daß entsprechender Wunsch von türkischer Regierung ausgeht. Feldmarschall von der Goltz, der persönlich sehr hohe Meinung von Enver hat u. sich ihm gern unterordnen will, würde auch Aufgabe gern übernehmen, erklärt aber ebenfalls dies nur auf ausdrücklichen Wunsch türkischer Regierung thun zu können, da alles Mißtrauen u. Empfindlichkeit vermieden werden muß.

Erbitte möglichst schleunige Drahtantwort.

Liman würde gegebenenfalls in unserer Front Verwendung finden.


[Jagow 6. 11. an Botschaft Konstantinopel (No. 27)]

Erbitte schleunige Antwort auf Tel. No. 25 betreffend Ernennung Feldmarschalls v.d. Goltz.



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