1914-12-18-DE-003
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Quelle: DE/PA-AA/R 22403
Zentraljournal: 1914-A-35327
Erste Internetveröffentlichung: 2012 April
Edition: Die deutsche Orient-Politik 1911.01-1915.05
Telegramm-Abgang: 12/18/1914 04:20 PM
Telegramm-Ankunft: 12/19/1914 12:30 AM
Praesentatsdatum: 12/19/1914 a.m.
Laufende Botschafts/Konsulats-Nummer: Nr. 1656
Zustand: A
Letzte Änderung: 06/17/2017


Der Botschafter in Konstantinopel (Wangenheim) an das Auswärtige Amt

Telegraphischer Bericht


Pera, den 18. Dezember 1914

Nr. 1656.

Konsul Loytvet telegraphiert von gestern aus Damaskus:

„Gestern brachen der Kommandant 8. Armeekorps und deutscher Generalstabschef mit der heiligen Fahne, die vorgestern aus Medina hier eingetroffen ist, zum Feldzug gegen Egypten auf. Sie wollen etwa 14 Tage in Jerusalem bleiben und am 3. Januar von Biresseba abmarschieren, um den Kanal zu erreichen. Der Oberkommandierende will in 14 Tagen folgen. Der Kommandant 8. Armeekorps soll mit der ersten und der Oberkommandierende mit der 2. Staffel vorgehen. Die beiden Divisionen der Expeditionskorps zählen etwa 24000 Soldaten. Es soll noch die 10. Division folgen, die Smyrna hierher unterwegs ist. Es ist nicht ausgeschlossen, daß der Oberkommandierende Dispositionen nachträglich ändert. Zur Verteidigung des Küstengebiets sind 2 Divisionen zur Verfügung. In Egypten sollen 10000 englische und 25000 indische Soldaten mit rund tausend englischen Offizieren stehen. Bei der Seeherrschaft des Gegners und seiner günstigen Nachschub- und Verproviantierungsmöglichkeit dürfte es sehr schwer sein, ihn mit dem kleinen und mangelhaft ausgerüsteten ottomanischen Expeditionskorps zu besiegen, das unter gegenwärtiger Verpflegungsmöglichkeit sich nur 14 Tage lang am Kanal aufhalten kann. Es ist bedauernswert, daß für Sicherung dieses politisch und militärisch bedeutenden Unternehmens nicht die in Aussicht gestellten schweren Geschütze und Flugmaschinen mit deutscher Bedienung eingetroffen sind. Freiherr von Kress, der hier in 2 einhalb Monaten außerordentliches geleistet, will Unternehmung nicht länger hinausschieben, weil mühsam requirierte Proviantmittel nicht mehr ersetzt sondern im Gegenteil von Tag zu Tag verzehrt und weil später Witterung und Wasserverhältnisse im Sinai ungünstig würden. von Frankenberg scheint noch weitere Sicherheitsmaßregeln für Proviantierung treffen zu wollen. Es dürfte bedenklich sein, wenn nunmehr Gang der Unternehmung längere Zeit aufgehalten würde, da hierdurch Reibungen zwischen Oberkommando und Kommando, ferner Entmutigung bei den Soldaten und technische Schwierigkeiten eintreten könnten. Wünschenswert allerdings ohne wesentliche Verzögerung der Unternehmung erforderliche Kriegsmittel noch zu beschaffen, da Rückwirkung des Mißlingens auf die an sich wenig mutige Armee und Bevölkerung verhängnisvoll werden könne, abgesehen von Beeinträchtigung ottomanisch-deutschen Militärprestiges. Ich stelle anheim, die Presse vorzubereiten, daß gegenwärtig nicht die Eroberung Egyptens, sondern die Schließung des Kanals beabsichtigt sei, um etwaigen Enttäuschungen vorzubeugen.“


[Wangenheim]



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