1915-09-28-DE-006
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Quelle: DE/PA-AA/R 20015
Erste Internetveröffentlichung: 2017 Juni
Edition: Die deutsche Orient-Politik 1915.06-1916.12
Telegramm-Abgang: 09/28/1915 09:50 AM
Telegramm-Ankunft: 10/01/1915 09:30 AM
Praesentatsdatum: 10/01/1915 p.m.
Laufende Botschafts/Konsulats-Nummer: Nr. 90
Zustand: A
Letzte Änderung: 11/19/2017


Der Marineattaché in Athen (Grancy) an den Admiralstab der Marine

Telegraphischer Bericht


Athen, den 28. September 1915

Aus sicherer Quelle:

Petersburg 23. September: Sasonow sprach zu mir in heftigsten Tönen über den König von Bulgarien. Wenn der deutsch-bulgarische Schlag gelingt, wird der Balkan deutsch-bulgarische Provinz. Nach serbisch Mazedonien kämen Cavalla und Saloniki dran. Es wäre Wahnsinn, eine ganze Armee nach dem Balkan zu detachieren, um Serbien zu helfen. Höchstens 10000 Mann könnten sofort geschickt werden. Sasonow versprach dem serbischen Gesandten, den verbündeten Kabinetten die Entsendung größerer Zahl von Truppen nicht abzuraten. Minister des Äusseren schien bezüglich der Haltung Rumäniens eher zuversichtlich. Minister des Äusseren telegraphiert Athen Hoffnung, dass Griechenland im eigenen und der Verbündeten Interesse seine Pflichten gegen Serbien erfüllen werde. Serbischer Gesandter war sehr aufgeregt über mögliche griechische Neutralität, sagt, ein von aller Welt verlassenes Serbien müsse mit Bulgarien sich verständigen.

Paris, 24. September: Betreffend Entsendung französisch-englischer Truppen nach Saloniki teilt mir Ministerpräsident den Inhalt seines Telegramms an den französischen Gesandten in Athen mit. In streng vertraulich. telegraf. privat. Unterredung mit englischem Botschafter habe ich mich überzeugt von seiner Stellungnahme zu den Richtlinien der russischen Politik, die energische Massregeln gegen Bulgarien nie erlauben wollte. Augenblick ist sicher sehr günstig für Griechenland zur Sicherung seiner Rechte gegen Bulgariens Begehrlichkeit mit Unterstützung Frankreichs und Russlands.

Bukarest 24. September: Bratianu bedauert, sich der Demarche Ew. Exzellenz nicht anschliessen zu können. Lage Griechenlands mit Lage Rumäniens nicht vergleichbar, da Griechenland in direktem Kontakt mit Streitkräften der Entente und völlig ausser Bereich der Drohungen der Zentralmächte. Jede Massnahme, die Rumänien als mit Entente zusammenarbeitend erscheinen lässt, hätte Einfall der Zentralmächte in Rumänien und Durchmarsch nach Konstantinopel zur Folge. Er hofft, dass unsere Aktion volle Sicherheit hat und Bulgarien von Feindseligkeiten abhalten wird.

Rom 24. September: Gr. Generalstab Manöver Deutschland gegen Serbien wird Tatsache. Gefahr für Entente wird in Wahrheit ausserordentlich gross. Nehme an, dass England sich beeilt, Gefahr zu begegnen, da England entscheidet. Minister d. Äussern beabsichtigt noch nicht Entsendung von Streitkräften nach Dardanellen noch anderswohin , selbst nicht wenn England es fordert. Minister d. Äusseren erfährt von London, dass Grey Vorschlag Ew. Exzellenz ernsthaft prüft, den er selbst gestern scheinbar noch nicht kannte. Er glaubte, England sei dem Vorschlage günstig und werde sich darüber mit Frankreich verständigen.

Sofia 25. September: Deutsche benehmen sich wie die Herren in Bulgarien wie in Konstantinopel vor türkischer Kriegserklärung. Französ. Gesandter glaubt, dass angesichts der griechischen Mobilmachung und Entsendung von Ententetruppen Ministerpräsident fallen, König umschwenken könnte. Radoslawow behauptet, Deutsche würden in 14 Tagen Serbien zermalmen, Bulgarien werde nicht bestrittenen Teil serbisch Mazedoniens und Altserbiens besetzen, Rumänien und Griechenland würden nicht eingreifen, Ententetruppen nicht geschickt. Französischer Gesandter behauptet, genügend Truppen seien in Malta und Egypten für Balkanexpedition. Englischer Gesandter hat dem Ministerpräsidenten mitgeteilt, dass verbündete Truppen mit griechischen zusammenarbeiten würden. Nach Aussage französischer Gesandter ruft diese Mitteilung wahre Bestürzung bei Radoslawow, Lewal hervor, der versichert, bulgarische Truppen werden verbündete Streitkräfte nie angreifen. Unsere Mobilmachung ruft hier Sensation hervor, englischer Kollege glaubt, sie werde bulgarische Kriegslust dämpfen.


[Grancy, Mirbach]



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