1916-06-21-DE-004
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Quelle: DE/PA-AA/R 20079
Zentraljournal: 1916-A-16593
Erste Internetveröffentlichung: 2017 Juni
Edition: Die deutsche Orient-Politik 1915.06-1916.12
Telegramm-Abgang: 06/21/1916 10:00 AM
Telegramm-Ankunft: 06/22/1916 11:01 PM
Laufende Botschafts/Konsulats-Nummer: Nr. 385
Zustand: A
Letzte Änderung: 11/19/2017


Der Gesandte in Athen (Mirbach) an das Auswärtige Amt

Telegraphischer Bericht


Athen, den 21. Juni 1916

Für Chef des Generalstabes Feldheeres:

Im Anschluß an Telegramm Nr. 225 des Marineattachés an Admiralstab.

Entente hat 21. Juni mittags ihre Forderungen überreicht und gleichzeitig veröffentlicht. Neben unwichtigeren Punkten umfassen diese Forderungen:

1. Sofortige vollständige Demobilmachung.

2. Rücktritt des Kabinetts und Ersetzung durch ein Geschäftsministerium, dessen Mitglieder keiner Partei angehören (also auch nicht Venizelos.)

3. Sofortige Auflösung der Kammer und Neuwahlen nach Durchführung der Demobilmachung innerhalb der verfassungsmäßigen Frist (Wahlen innerhalb 2 Monaten, Zusammentritt der Kammer innerhalb 3 Monaten).

Entente verleiht diesen Forderungen Nachdruck, durch Drohung im Weigerungsfalle eine Division zu landen, welche von Salonik kommend auf angeblich 17 Schiffen im Saronischen Golf bereitgehalten wird.

Inoffiziell verlautet, daß im Falle einer Landung die Entfernung des Königs und seiner Familie sowie der Vertretungen der Zentralmächte und ihrer Verbündeten das erste Ziel der Aktion sein werde. Eine Bestätigung letzterer Nachrichten bisher nicht vorliegt.

Andere Gerüchte besagen, daß am 22. Juni die Landung auf jeden Fall ausgeführt werden soll, was bei der gänzlichen Kopflosigkeit der Entente nicht ganz ausgeschlossen ist, wenn auch meiner Meinung nach allein der vom König zu fassende Entschluß für die weiteren Maßnahmen der Entente entscheidend sein dürfte.

Es ist anzunehmen, daß die Forderungen der Entente erfüllt werden; immerhin ist die Lage der griechischen Majestät sehr ernst.

Zweck der ganzen Unternehmung ist zweifellos die Einsetzung einer der Entente passenden Regierung und Kammer, womit Entente in 3 Monaten über Griechenlands Haltung zu verfügen hofft.

Der Entschluß des Königs ist noch nicht bekannt, auch noch nicht feststehend, ob Zaimis unter diesen Bedingungen Kabinettsbildung übernehmen wird.

Der erste Eindruck im griechischen Generalstab ist folgender:

Entente will ihre Truppen aus Mazedonien zurückziehen, glaubt aber es angesichts des im Augenblick des beginnenden Abtransports drohenden deutsch-bulgarischen Angriffs nicht wagen zu können und will deshalb eine griechische Regierung und Kammer schaffen, die im gegebenen Moment erklärt, einen deutsch-bulgarischen Vormarsch in griechisches Gebiet nicht zulassen zu wollen. Entente hofft dann unter dem Schutz der (dann wohl wieder zu mobilisierenden) griechischen Armee ihren Abzug ohne Verluste ausführen zu können. Nach Ansicht griechischen Gen.Stab würden sich Zentralmächte nicht Manöver einlassen. Griechenland würde infolge dessen gegen seinen Willen doch noch in den Krieg gegen die Zentralmächte getrieben werden. Bitte um Mitteilung an Admiralstab.

Konstantinopel, Sofia unter Nr. 613 benachrichtigt.

Militärattaché Athen.


[Mirbach]



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