1915-02-14-DE-002
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Quelle: DE/PA-AA/R 20178
Zentraljournal: 1915-A-5776
Erste Internetveröffentlichung: 2012 April
Edition: Die deutsche Orient-Politik 1911.01-1915.05
Praesentatsdatum: 02/15/1915 a.m.
Laufende Botschafts/Konsulats-Nummer: Nr. 171
Zustand: A
Letzte Änderung: 06/17/2017


Der Gesandte in Athen (Quadt zu Wikradt und Isny) an das Auswärtige Amt

Telegraphischer Bericht



Nr. 171.

Athen, den 14. Februar 1915

Unter Bezugnahme auf Telegramm Nr. 90 {A 4213} und Nr. 94 {A 4620}.

Seine Majestät der König betonte mir gegenüber heute besonders, er wolle nicht, daß seinen Äußerungen eine falsche Auslegung beigelegt oder daß dieselben bekannt würden. Der Gedanke, der ihn leite, sei sich Material zu verschaffen, um Venizelos von der Notwendigkeit zu überzeugen, neutral bleiben zu müssen. Seine Majestät wolle einmal aus Sympathie für Deutschland nichts gegen Fug und Recht unternehmen. Dann aber beeinflusse ihn die feste Überzeugung, Deutschland werde siegen und er wolle nicht bei der unterliegenden Partei sein. Venizelos scheine allmählich auch von dem Gedanken abzukommen, daß Deutschland unterliegen müsse, doch glaube der Minister nicht an einen entscheidenden Erfolg einer oder der anderen Partei. Die Mitteilung, die ich Seiner Majestät auf Grund meiner Instruktionen machte, fand Seine Majestät etwas schwach und nicht bestimmt genug, wünschte aber doch, daß ich sie zur Kenntnis Venizelos bringen möchte, der vielleicht damit zufrieden sein würde. Unter Bezugnahme auf Tel. Nr. 91 {A 4213} wegen Abgrenzung sagte Seine Majestät nichts, und ich vermied deshalb diese Frage anzurühren.

Seine Majestät hatte aus guter Quelle erfahren, daß 20000 der gefangenen Österreicher serbischer Abstammung von Serbien eingestellt worden seien und in neuen Provinzen Gendarmeriedienste täten. Die großen französischen Geschütze von Lovcen seien, nachdem sie gegen Cattaro nichts ausgerichtet hätten, nach Belgrad gebracht worden. Die Serben träfen nichts damit. Prinz Alexander von Serbien habe Seiner Majestät soeben noch bestätigt, daß sie von Belgrad aus nicht einmal stilliegende österreichische Schiffe treffen könnten.

Französischer Kriegsminister habe Absicht gehabt, Serbien 150000 Mann französische Truppen über Salonik oder Montenegro zu Hilfe zu schicken. Dies habe bei Joffre Sturm der Entrüstung hervorgerufen.

Ihre Majestät die Königin sagte mir, Venizelos habe sich bereit erklärt, Stelle des verabschiedeten Generalstabschefs vorläufig offen zu halten und im Kriegsfalle ihn wieder einzusetzen. Königin sprach sich sehr scharf über Vorgehen Ministerpräsidenten in dieser Frage aus und meinte, derselbe sei der erste Sozialist Griechenlands.


[Quadt]



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