1914-08-02-DE-004
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Quelle: DE/PA-AA/R 1913
Zentraljournal: 1914-A.S.-1574
Erste Internetveröffentlichung: 2012 April
Edition: Die deutsche Orient-Politik 1911.01-1915.05
Telegramm-Abgang: 08/02/1914 03:40 PM
Telegramm-Ankunft: 08/03/1914 05:56 PM
Praesentatsdatum: 08/03/1914 p.m.
Laufende Botschafts/Konsulats-Nummer: Nr. 407
Zustand: A
Letzte Änderung: 06/17/2017


Der Botschafter in Konstantinopel (Wangenheim) an das Auswärtige Amt

Telegraphischer Bericht



Nr. 407
Therapia, den 2. August 1914

Antwort auf Telegramm Nr. 296.

Zur Prüfung der Frage, ob die Türkei imstande sei, aktiv und kräftig gegen Rußland einzugreifen, fand gestern auf der Botschaft zwischen Marschall von Liman, Enver und mir eine Besprechung statt. Aus den Unterredungen Limans und Envers geht hervor, daß die Türkei unter allen Umständen in der Lage ist, die von General Liman in Telegramm Nr. 406 erwähnte Armee gegen Rußland ins Feld zu stellen.

Nach Ansicht Limans hängt der Erfolg des türkischen Eingreifens in erster Linie von der Haltung Bulgariens, in zweiter Linie von derjenigen Rumäniens ab. Sollten Bulgarien und Rumänien mit der Türkei marschieren, so wären deren vereinte Armeen wohl stark genug, einen entscheidenden Flankenstoß gegen Rußland etwa in der Richtung auf Odessa zu führen. Auch Bulgarien und die Türkei würden zusammen mindestens stark genug sein, Österreich bezüglich Serbiens zu entlasten. Wird Bulgarien unsicher, so würde die türkische Armee ausreichen, um die Neutralität Bulgariens zu garantieren. Die Entwickelung von türkischen Streitkräften an der Ostgrenze hätte nach Limans und Envers Ansicht keinen Zweck, da sie Rußland nicht wirklich gefährlich werden könnte. Rußland würde sich um die türkischen Truppen in Armenien überhaupt nicht kümmern. Alles käme darauf an, daß die Türkei an der vitalen Stelle eingriffe. Eine sehr wesentliche Unterstützung der Türkei würde die Verstärkung der türkischen Flotte durch „Göben“ sein. Mit der Göben wäre sogar eine Landung auf russischem Gebiet möglich. Rumänien und Bulgarien würden gegen russische Landung geschützt sein.

Die Frage, ob die Türkei ihre Kräfte gegen Rußland auch verwenden will, muß ich nach den mir bekannten Ansichten des Comitées und der maßgebenden Minister bejahen. Dafür, was die Türkei tun würde, wenn der Dreibund entscheidend geschlagen würde, kann ich natürlich keine Verantwortung übernehmen.

Trotzdem halte ich im Einverständnis mit General Liman die Bedingungen für gegeben, unter denen sich eine Zeichnung des Bündnisvertrags für uns empfiehlt.

Ich werde demgemäß voraussichtlich noch heute zeichnen.


[Wangenheim]



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