1916-08-22-DE-003
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Quelle: DE/PA-AA/R 20202
Zentraljournal: 1916-A.S.-2963
Erste Internetveröffentlichung: 2017 Juni
Edition: Die deutsche Orient-Politik 1915.06-1916.12
Telegramm-Abgang: 08/22/1916 11:45 PM
Telegramm-Ankunft: 08/23/1915 12:40 AM
Praesentatsdatum: 08/23/1916 a.m.
Laufende Botschafts/Konsulats-Nummer: Nr. 577
Zustand: A
Letzte Änderung: 11/19/2017


Der AA-Vertreter im Großen Hauptquartier (Gruenau) an das Auswärtige Amt

Telegraphischer Bericht


Pleß, den 22. August 1916

Abschrift.

Vollständiger Text des mit Telegramm Nr. 562 mitgeteilten Funkspruchs betreffend Bulgarien:

„Rom-St. Petersburg. 17. August. Gabinetto 1148-666:

Es mehren sich die Anzeichen, daß abgesehen von den inneren Parteien die Bulgarische Regierung selbst geneigt sei, mit den Alliierten zu einer Verständigung zu kommen und zwar sei es durch eine Intervention Rumäniens, sei es auf einem anderen Wege, jedoch mit Erhaltung des Besitzes von Mazedonien und der Beibehaltung der Dynastie. Seit einiger Zeit spricht man in auffälliger Weise von der Partei des Prinzen Boris. Selbstverständlich ist man der Meinung, daß Rußland in keinerlei Verhandlungen einwilligen könne, die nicht von der Voraussetzung ausgingen, daß König Ferdinand von dem Throne entfernt werde, doch hofft man, Rußland werde sich mit einer einfachen Abdankung zufrieden geben.

Es ist klar, daß die Vorteile einer Verständigung mit Bulgarien heute enorm wären: Dadurch würde man die Türkei außer Kampf setzen, die militärischen- und Handelszugänge für Rußland öffnen und die Wiedereroberung von Serbien viel leichter gestalten.

Es wäre wünschenswert in Petersburg zu sondieren, ob der Herrscher sich, als Basis für die Verhandlungen, damit begnügen würde, daß man außer der Abdankung des gegenwärtigen Königs, dem König selbst und seinem Nachfolger, dem Prinzen Boris, sowie der Bulgarischen Regierung die absolute Verpflichtung auferlege, daß König Ferdinand sein Leben nicht in Bugarien verbringe und dorthin nicht mehr zurückkehre.

Aus einer Initiative unsererseits in dieser Frage könnte für uns die Gefahr entstehen, daß die Alliierten, indem sie die Notwendigkeit vorschützen, Serbien für die Überlassung von Mazedonien an die Bulgaren kompensieren zu müssen, unsere Zustimmung dazu verlangten, daß man Serbien Kroatien und andere Punkte verspreche, für welche wir uns aus verschiedenen Gründen nicht verpflichten können, ganz abgesehen davon, daß es für den Vierverband unklug wäre, von vornherein eine jede Möglichkeit der Verständigung mit Ungarn auszuschließen.

Ich bitte Euere Exzellenz mit Ihre Meinung über all dies zu äußern, sowie über die Möglichkeit in der Frage des Königs Ferdinand den Boden zu sondieren.“

Ferner sind folgende Funksprüche hierher gelangt:

„1.) Rom-Petersburg vom 19. August.

„“ Am 17. d.M. telegraphiert der Königliche Botschafter in London wie folgt: „Gabinetteo 277. Streng vertraulich.

In der jüngst mit ihm gehabten streng vertraulichen Besprechung über das Balkanproblem und seine eventuelle Lösung, sagte mir Benckendorf, was die künftige Gestaltung Bulgariens anbelange, so dürfe nach seiner persönlichen Ansicht das Schicksal des Königs Ferdinand keinen geringen Einfluß auf diese ausüben. Eine eventuelle Abdankung Seiner Majestät zugunsten seines Sohnes würde, nach dem Dafürhalten meines Kollegen, zur Vereinfachung der Frage wesentlich beitragen und eine für Bulgarien günstigere Entscheidung zur Folge haben.

Seine Exzellenz fügte noch hinzu, er habe in Erfahrung gebracht, daß der König und die Britische Regierung überaus geringe Sympathien für die Person des Königs Ferdinand hegen.

Was diesen letzten Punkt betrifft, möchte ich den Eindruck Benckendorfs für richtig erachten, über König Ferdinand habe ich Grey schon früher in gewiß nicht wohlwollender Weise sprechen gehört.““

„“2. Petersburg-Rom vom 10. August.

Radoslawoff gab Derussi zu verstehen, daß Bulgarien gegenüber Rumänien die Neutralität beobachten würde, im Falle eines österreich-rumänischen Konfliktes nur unter der Bedingung, daß die „Dynastie“ der ….. erhalten bliebe und daß Bulgarien seine Eroberungen in Mazedonien beibehalte.

Er (Radoslawoff ?) …. erwähnt jedoch nicht die Bedingung, daß keine russischen Truppen rumänisches Gebiet betreten. Der Präsident der Kammer (Stürmer) hält es für wahrscheinlich, daß die Bulgarische Regierung die rumänische Besorgnis eines Konfliktes mit Bulgarien auszunützen sucht, um durch die Rumänische Regierung die Absichten der Alliierten kennen zu lernen. Stürmer, mit welchem ich über die Sache gesprochen habe, schien das Mißtrauen gegen einen Versuch von Seite Sofia und Bukarest zur Anbahnung einer Aussprache in dieser Angelegenheit, aufzugeben.““

General von Falkenhayn trifft sich am 23. August mit König Ferdinand anscheinend auf dessen Anregung in Rudka.


[Grünau]



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