1914-08-09-DE-002
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Quelle: DE/PA-AA/R 22402
Zentraljournal: 1914-A.S.-1682
Erste Internetveröffentlichung: 2012 April
Edition: Die deutsche Orient-Politik 1911.01-1915.05
Telegramm-Abgang: 08/09/1914 05:30 PM
Telegramm-Ankunft: 08/10/1914 01:20 AM
Praesentatsdatum: 08/10/1914 a.m.
Laufende Botschafts/Konsulats-Nummer: Nr. 463
Zustand: A
Letzte Änderung: 06/17/2017


Der Botschafter in Konstantinopel (Wangenheim) an das Auswärtige Amt

Telegraphsicher Bericht



Nr. 643

Therapia, den 4. August 1914

Ganz geheim.

Großwesir erklärt: „Deutschland will Griechenland schonen und sich seine Neutralität sichern. Dadurch wird die Kombination mit Bulgarien in bisher besprochener Form unmöglich. Ich bin daher bereit die von Rumänien angebotene auf Neutralität gegründete Allianz Türkei Rumänien Griechenland unter zwei Bedingungen anzunehmen.

1) Bulgarien muß in den Bund aufgenommen werden.

2) Venizelos kommt mir in der Inselfrage entgegen. Ich wäre, wenn diese Bedingungen erfüllt werden bereit, auf West-Thrazien vorläufig zu verzichten, so daß Bulgarien Anschluß an ägäisches Meer behalten würde. Eventuelle Abmachungen über Inseln sollen erst nach Beendigung des Krieges realisiert und bestätigt, alle territorialen Fragen erst später geregelt werden. Ich stehe mit Venizelos noch in Fühlung und könnte mit ihm zusammentreffen. Es handelt sich darum einen neuen Balkanbund mit der Türkei unter Deutschland und Österreich zusammenzubringen. Serbien würde durch einen solchen hermetisch nach allen Seiten abgeschlossen. Wenn es sich trotzdem rührt, erhält Bulgarien Ermächtigung loszuschlagen. Unser Bündnis bleibt selbstverständlich bestehen, wird aber zunächst weiter geheim gehalten. Göben müßte dann freilich hier pro forma desarmiert und mittels Scheinverkaufs an uns abgetreten werden.“

Bulgarischer Gesandter ist von der Idee des Vierbundes geradezu enthusiasmiert und hat dementsprechend telegraphiert. Dasselbe tat Österreichischer Botschafter.

Wir müssen nun schleunigst zwischen beiden Kombinationen wählen. Entscheiden wir uns für den Vierbund, so wäre es dringend nötig, daß den Griechen ihre schwierige Lage vorgestellt wird, damit Venizelos Entgegenkommen bezüglich Inseln zeigt und Serbien fallen läßt.


[Wangenheim]
[Antwort Bethmann Hollweg 10.8. (Nr. 350)]

Abschrift

Antwort auf Tel. Nr. 463.

Geheim. Türkei und Bulgarien müssen zum sofortigen aktiven Vorgehen gegen Rußland bezw. Serbien veranlaßt werden. Daher Vierbund mit Neutralität unzulässig. Spätere territoriale Schädigung Griechenlands ist nicht ausschlaggebend. Goeben muß in Dardanellen schleunigst einlaufen, darf nicht Gefahr laufen, dort desarmiert zu werden. Schon hiermit wird Erhaltung der türkischen Neutralität unmöglich. Türkei soll sich nicht durch Drohungen Englands einschüchtern lassen, dessen Streitkräfte im Mittelmeer zur Forcierung der Dardanellen nicht genügen. Goeben ist von Türkei gerufen worden und hat sich im türkischen Interesse größten Gefahren ausgesetzt.



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