Im März v.J. kurz nach den v. Gier’schen Eröffnungen hatte ich die Frage ohne meinen Kollegen zu nennen bei einem Nachtischgespräch mit dem Großwesir leicht gestreift. Letzterer äußerte damals, daß nur eine von den Kapitulationen befreite Türkei über die Meerenge mit Rußland verhandeln könne. Nachdem die Kapitulationen gefallen waren und ich bei einer Begegnung mit dem Großwesir die Nützlichkeit des gewaltsamen türkischen Vorgehens in dieser Frage bestritt, erinnerte mich Prinz Said Halim an unser früheres Gespräch und meinte, daß ja nunmehr auch der Weg zu einer Auseinandersetzung mit Rußland offen stehe. Nach den Vorgängen in Egypten und den englischen Angriffen auf Smyrna und die Dardanellen ist die türkische Regierung mehr und mehr englandfeindlich geworden. Den Stimmungswechsel konnte ich namentlich auch bei dem Großwesir konstatieren, der immer wieder darauf zurückkam, daß man mit Rußland Frieden schließen müsse, um England dann um so härter treffen zu können. Wiederholt hat der Großwesir bei diesen Auslassungen von der nunmehr für ihn bestehenden Möglichkeit gesprochen, Rußland die Durchfahrt durch die Dardanellen frei zu geben. Bei einem der letzten derartigen Gespräche fragte ich Großwesir, ob er sicher sei, bei einer derartigen Politik seine Partei hinter sich zu haben. Er erwidert: „Ganz bestimmt. Sie können das sogar Ihrer Regierung mitteilen.“
Antwort auf Tel. Nr. 786.
Obwohl wir nach wie vor gegen alle unsere Feinde durchzuhalten wünschen verkennen wir nicht eventuelle Vorteile einer Separatverständigung mit Rußland die uns in Übereinstimmung mit den türkischen Wünschen die Hände gegen gemeinsamen Gegner England freimachen und Krieg abkürzen würde. Irgendwelche ernsthafte russische Annäherungsversuche liegen bisher nicht vor. Falls solche eintreten sollten, würde es eventuell wertvoll sein wenn wir vorsichtig und unverbindlich den Standpunkt der Pforte in der Meerengenfrage andeuten könnten. Die bisherigen Auslassungen des Großwesirs dürften uns hierzu an sich bereits Unterlagen bieten. Vielleicht finden Ew. pp. jedoch Gelegenheit das Gespräch unauffällig und ohne Empressement nochmals auf Gegenstand zu lenken und vom Großwesir noch bestimmtere Erklärungen im gewünschten Sinne zu erlangen.