1916-07-11-DE-007
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Quelle: DE/PA-AA/R 20084
Zentraljournal: 1916-A-18488
Erste Internetveröffentlichung: 2017 Juni
Edition: Die deutsche Orient-Politik 1915.06-1916.12
Praesentatsdatum: 07/13/1916 p.m.
Laufende Botschafts/Konsulats-Nummer: Nr. 1461
Zustand: A
Letzte Änderung: 11/19/2017


Der Gesandte in Bern (Romberg) an den Reichskanzler (Bethmann Hollweg)

Bericht


Bern, den 11. Juli 1916

1 Anlage

Vertraulich!

Mein österreichisch-ungarischer Kollege hat mir den abschriftlich beigefügten Bericht eines Vertrauensmannes zur Verfügung gestellt, der Mitteilungen von Austriacus über Frankreich und die französisch-englische Offensive wiedergibt.


Romberg
Anlage

1. Juli 1916

J.M. berichtet:

Derselbe hatte vorgestern eine lange Konferenz mit dem Freunde eines von Paris nach Genf gekommenen Administrators des Crédit Lyonnais, dessen Aussagen die finanziellen Berichte des J.M vollkommen decken. Die Haute Banque ist sehr flau auf Verdun und nur die russische Offensive hat momentan das Ministerium Briand gerettet, würde jedoch bei einem wirklichen grossen Erfolge der Deutschen ebenso wie der Präsident von den Radikalen und Sozial-Radikalen bekämpft werden. Dieselben getrauen sich gegenwärtig nichts gegen das Ministerium zu unternehmen, weil eben ganz Frankreich über die Erfolge der Russen sich in einem Zustande der Trunkenheit befindet. Ausserdem war Briand so klug, einen seiner grössten Gegner, Franklin Bouillon, französisch-radikaler Abgeordneter, der als Sohn eines im Jahre 1851 emigrierten Franzosen in England geboren und dort erzogen wurde, nach der Geheimsitzung der Kammer nach England zu schicken, um von den Engländern in kürzester Zeit eine General-Offensive gegen Deutschland zu erwirken, ebenso die Zustimmung, dass auch General Sarrail zur Offensive im Balkan losgehen möge. Ferner ist der Gewährsmann des J.M. fest davon überzeugt, dass wenn alle Stricke reissen und wenn Rumänien nicht freiwillig sich der Entente anschliesst, die Russen einfach durch Rumänien marschieren werden, um die Bulgaren im Rücken anzugreifen. Ueberhaupt soll mit Rumänen so verfahren werden, wie mit Griechenland.

Diese Nachricht kommt von so ernster Quelle, dass J.M. es für gut fand, mich zu ersuchen hierüber gestern zu berichten. Dass die französische und englische Politik durch einen finanziellen Druck auf Russland alles von dieser Macht erzielen kann, ist wohl unnütz zu erörtern.

Die Situation an der Westfront ist ausserordentlich ernst. Die Munitionserzeugung und die Erzeugung von Kanonen ist eine derartige seitens des Feindes, dass selbst bei einem Durchbruch bei Verdun mit einem gewaltigen Ansturm der Engländer zu rechnen ist. Ebenso darf man nicht glauben, dass die Russen mit ihrer Offensive zu Ende sind.

Das Rémumé des J.M ist, dass die Situation auf allen Fronten ausserordentlich ernst ist und dass Optimismus gewiss gegenwärtig nicht am Platze ist.



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