1914-12-22-DE-001
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Quelle: DE/PA-AA/R 22403
Zentraljournal: 1914-A.H.-2723
Erste Internetveröffentlichung: 2012 April
Edition: Die deutsche Orient-Politik 1911.01-1915.05
Telegramm-Abgang: 12/22/1914 02:15 PM
Telegramm-Ankunft: 11/22/1914 05:05 PM
Praesentatsdatum: 12/22/1914 p.m.
Laufende Botschafts/Konsulats-Nummer: Nr. 1189
Zustand: A
Letzte Änderung: 06/17/2017


Der Unterstaatssekretär im Auswärtigen Amt (Zimmermann) an das Große Hauptquartier (Jagow)

Telegraphischer Bericht



Nr. 1189.

Berlin, den 22. Dezember 1914

Der K. Botschafter in Konstantinopel antwortet auf die ihm hinsichtlich seines Verhältnisses zu Liman zugegangenen Instruktionen heute unter Nr. 1683:

„Die Voraussetzungen Euerer Exzellenz Telegramme 1545 und Nr. 1571 sind nicht zutreffend. Der Tatbestand ist vielmehr folgender:

„In den ersten Tagen des November sagte mir Herr von Laffert, er müsse mir in seiner Eigenschaft als Militärattaché die dienstliche Erklärung abgeben, dass die Stellung des Marschalls Liman an der Spitze der Militärmission unhaltbar geworden sei. Der Marschall müsse abberufen werden, da seine Tätigkeit eine Gefährdung der wichtigsten militärischen Interessen darstelle. Diese Auffassung werde von fast sämtlichen Offizieren der Militärmission geteilt. Enver, mit dem er die Angelegenheit vertraulich besprochen habe, sei mit der Abberufung und mit seiner Ersetzung durch Freiherrn von der Goltz einverstanden, nur könne er - Enver - in der Sache keine Initiative ergreifen.

Daß diese Angaben der Wahrheit entsprechen, nimmt Herr von Laffert auf seinen Diensteid.

Ich erwidert Herrn von Laffert, es sei ihm ja meine Ansicht bekannt, dass während des Krieges Liman ertragen und seine Intrigen und Klagen ignoriert werden müßten. Die Abberufung Limans sei ein Akt von politischer Tragweite, der reiflich überlegt werden müsse. In den darauf folgenden Tagen kam Herr von Laffert, unterstützt von Herrn von Kühlmann wiederholt auf die Frage zurück. [Beide Herren machten geltend, es sei schwer zu verantworten, wenn die vielleicht nie wiederkehrende Gelegenheit der Tätigkeit Limans ein Ende zu bereiten unbenutzt gelassen werde.] Überzeugt wurde ich schließlich durch die Erwägung, dass die Verwendung Limans in der deutschen Front von diesem gewünscht worden sei, und dass das Erscheinen des Freiherrn von der Goltz nicht eine Verminderung, sondern eine Erhöhung des deutschen Prestiges bedeuten würde.

Es ist wahrscheinlich, dass Marschall Liman von Sanders Enver Pascha später wegen der Entsendung Freiherrn von der Goltz zur Rede gestellt und dass Enver wahrheitsgemäß erwidert hat, die Anregung sei nicht von ihm ausgegangen. Wenn aber Enver geäußert haben sollte, dass die Berufung ohne sein Vorwissen erfolgt sei, so kann gegenüber der eidesstattlichen Erklärung des Militär-Attachés nicht bezweifelt werden, dass Enver die Unwahrheit gesagt hat.

Gegenwärtig ist Marschall von Liman bemüht, ein Verhältnis zu Freiherrn von der Goltz zu finden. [Es ist ausgeschlossen, daß es dem Einfluß des Feldmarschalls auf Liman gelingt, einen modus vivendi zwischen den militärischen und politischen deutschen Stellen, wenigstens vorübergehend, herzustellen.] Freiherr von der Goltz verhält sich bis zur Rückkehr Envers abwartend. Später wird er versuchen, Liman zur Übernahme des Kaukasus-Kommandos zu bewegen und, falls dieser ablehnt, sich selbst für den Kaukasus zur Verfügung stellen.

[Geheim:

Soeben trifft folgendes Telegramm des Konsulats Erzerum ein:

Exzellenz Bronsart von Schellendorff bittet mich um Uebermittelung nachstehenden Telegramms an Major Laffert:

Veranlassen Sie, daß General Liman von Sanders keinesfalls Eisernes Kreuz erhält. weil die Führung ablehnte.

Enver Pascha übernimmt heute selbst Führung.“]


[Zimmermann]

[Laut Verfügung von Jagow erhielt Lyncker nur von dem um die in Klammern gesetzten Stellen verkürzten Exemplar Kenntnis]



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