1914-03-17-DE-001
Deutsch :: de
Home: www.armenocide.net
Link: http://www.armenocide.net/armenocide/armgende.nsf/$$AllDocs/1914-03-17-DE-001
Quelle: DE/PA-AA/R 14084
Zentraljournal: 1914-A-05494
Erste Internetveröffentlichung: 2017 November
Edition: Armenische Reformen
Praesentatsdatum: 03/19/1914 a.m.
Laufende Botschafts/Konsulats-Nummer: No. 26
Zustand: A
Letzte Änderung: 11/19/2017


Der Gesandte in Bern (Romberg) an den Reichskanzler (Bethmann Hollweg)

Bericht



Bern, den 17. März 1914

Vertraulich!

Euerer Exzellenz Weisung gemäß habe ich den Inhalt des hohen Erlasses vom 12. d.M. No. 43 (A 4526) bei Herrn von Sprecher verwertet. Er war sehr dankbar für die eingehende Beantwortung seiner Fragen und wünschte nur noch zu wissen, bei wem die eventuellen schweizerischen Kandidaten für die ostanatolischen Generalinspektorate anzumelden sein würden. Ich riet ihm, sie zunächst den interessierten Genfer Herren namhaft zu machen, und bat ihn, auch mich auf dem Laufenden zu halten.

Oberst von Sprecher sieht eine gewisse Schwierigkeit in der Haltung des Schweizerischen Bundesrats, der sich nach wie vor mit der Angelegenheit nicht befassen will. Es scheint, dass die hiesige Regierung gelegentlich der Berufung des Obersten Müller nach Marokko sowie auch gelegentlich der Präsentierung eines Schweizers für die Finanzverwaltung in Kreta von den beteiligten Regierungen nicht mit der gebührenden Rücksicht behandelt worden ist. Es wäre wohl denkbar, dass Russland die Weigerung des Bundesrats, die schweizerischen Kandidaten offiziell zu empfehlen, als Vorwand benutzen könnte, um schweizerische Kandidaten abzulehnen. Ich halte es jedoch nicht für ausgeschlossen, dass es gelingen würde, den Bundesrat von seinem Standpunkt abzubringen, wenn man ihm darlegte, ein wie grosser Wert auf seine Mitwirkung gelegt wird und ihm auch Sicherheit dafür geboten würde, dass faux pas, wie in den früheren Fällen, nicht vorkommen würden.

Was nun die Personenfrage anbetrifft, so bemerkte Oberst von Sprecher, dass die Genfer Herren besonderen Wert darauf legten, dass nicht etwa Schweizer, die in türkischen Diensten ständen oder sonst Interessen in der Türkei hätten, vorgeschlagen würden.

Ausser den drei in meinem Bericht vom 4. d.M. (A 4528) erwähnten Persönlichkeiten, mit denen er sich nunmehr unverzüglich in Verbindung setzen will, hat Herr von Sprecher auch noch an den Oberst Eugène Borel gedacht, der durch seine Tätigkeit als Vertreter der Schweiz auf der letzten Haager Konferenz auch bei uns bekannt sein dürfte. Herr von Sprecher möchte, bevor er an Herrn Borel heraustritt und seinen Namen überhaupt nennt, wissen, ob er der Kaiserlichen Regierung genehm wäre und ob er bei den deutschen Teilnehmern der Haager Konferenz den Eindruck erweckt habe, dass er sich für eine Mission wie die armenische eignen würde. Er persönlich halte ihn für begabt und tüchtig, und glaube auch nicht, dass er extrem französisch gesinnt sei.

Ueber Herrn Ilg sagte Herr von Sprecher, dass Frankreich, so viel er wisse, seiner Zeit daran gearbeitet habe, ihn aus seiner Stellung in Abessinien zu verdrängen, und über ihn, wie er glaube, ganz zu Unrecht verbreitet habe, dass er seinen Posten für Privatgeschäfte ausgenutzt hätte. Bei der Gelegenheit erzählte mir der Oberst vertraulich von einer Erfahrung, die kürzlich die schweizerische Militärverwaltung gemacht habe. Sie habe alte Geschütze zu verkaufen gehabt und habe sich zu diesem Zweck an eine Firma gewandt, die den Verkauf nach Abessinien vermitteln wollte. Diesem Geschäft, das schliesslich gescheitert sei, seien seitens Englands, Frankreichs und Italiens allerlei Schwierigkeiten in den Weg gelegt worden, was die vermittelnde Firma damit erklärt habe, das zwischen den genannten drei Staaten ein Abkommen über die Aufteilung Abessiniens bestände. Alle drei Staaten hätten daher das gleiche Interesse daran, dass das Land militärisch nicht erstarke. Oberst von Sprecher fügte hinzu, dass er natürlich keinerlei andere Anhaltspunkte für die Richtigkeit dieser Nachricht habe.


Romberg


Copyright © 1995-2024 Wolfgang & Sigrid Gust (Ed.): www.armenocide.net A Documentation of the Armenian Genocide in World War I. All rights reserved