1914-12-16-DE-002
Deutsch :: de
Home: www.armenocide.net
Link: http://www.armenocide.net/armenocide/armgende.nsf/$$AllDocs/1914-12-16-DE-002
Quelle: DE/PA-AA/R 22403
Zentraljournal: 1914-A-34944
Erste Internetveröffentlichung: 2012 April
Edition: Die deutsche Orient-Politik 1911.01-1915.05
Telegramm-Abgang: 12/16/1914 01:00 AM
Telegramm-Ankunft: 12/16/1914 02:52 AM
Praesentatsdatum: 12/16/1914 a.m.
Laufende Botschafts/Konsulats-Nummer: Nr. 1629
Zustand: A
Letzte Änderung: 06/17/2017


Der Botschafter in Konstantinopel (Wangenheim) an das Auswärtige Amt

Telegraphischer Bericht


Pera, den 16. Dezember 1914

Nr. 1629.

Geheim.

Daß Enver Pascha an Stelle Liman von Sanders das Kommando Kaukasus führt, macht sich hier in einer unsere Aufgaben immer mehr erschwerenden Weise fühlbar. Viele wichtige militärische Fragen bedürfen der Entscheidung durch Enver, der telegraphisch nur schwer zu erreichen ist. Seine hiesigen Funktionen werden jetzt von verschiedenen Personen wahrgenommen. Im Hauptquartier scheint Marschall Liman von Sanders den maßgebenden Einfluß zu haben. Bei den gespannten Beziehungen ist ein Meinungsaustausch mit ihm nicht möglich. Auch den Militärattaché betrachtet er als seinen Gegner, während er dem österreichischen Militärattaché Vertrauen schenkt. So kommt es, daß die österreichische Botschaft weit besser orientiert ist als die unserige. Unter diesen Umständen kann ich vorläufig eine Verantwortung für die Berücksichtigung unserer militär-politischen Wünsche nicht mehr übernehmen. Auch die Berichterstattung Herrn von Laffert wird lückenhaft bleiben. Feldmarschall Freiherr von der Goltz hat das Unhaltbare des jetzigen Zustandes bereits erkannt. Würde es möglich sein eventuell eine Allerhöchste Order zu erreichen, durch die Marschall von Liman aufgefordert wird, das Kommando im Kaukasus angesichts der Wichtigkeit der dort sich vollziehenden Ereignisse zu übernehmen? Im bejahenden Falle würde es nötig sein festzustellen, ob Enver nach dem Refus Liman von Sanders noch gewillt ist, dem Marschall das wichtige Kommando anzuvertrauen.

[Wangenheim]
[Jagow 16.12. an Wangenheim (Nr. 1545]

Abschrift.

Eigenhändig entziffern. Auf Telegr. Nr. 1629. Nachdem bereits die von E.E. ohne Vorwissen Enwers angeregte Entsendung des Feldmarschalls von der Goltz uns große Ungelegenheiten verursacht hat, ist er mir nicht möglich, mich jetzt wieder in militärische Personalfragen in der Türkei zu mischen. Ohne alle Ursachen der vorhandenen Spannung zwischen E.E. u. Marschall v. Liman nachprüfen zu wollen oder beurteilen zu können, muß ich die Tatsache, daß zwischen dem deutschen General und Botschafter ein nach außen wenig günstiges Verhältnis besteht, bedauern und bitte E.E. dringend alles zu tun, um mit Marschall v. Liman ein im sachlichen Interesse durchaus erforderliches Zusammenwirken wiederherzustellen. Durch ein freundliches Entgegenkommen Ihrerseits würden E.E. Ihrer Stellung nichts vergeben und jedenfalls dem Marschall das Einlenken erleichtern. In dieser kritischen Zeit ist ein Zusammenwirken aller deutschen Faktoren unter Hintansetzung persönlicher Fragen und Ausschaltung selbst berechtigter Empfindlichkeiten im Interesse unserer großen Sache durchaus erforderlich.





Copyright © 1995-2024 Wolfgang & Sigrid Gust (Ed.): www.armenocide.net A Documentation of the Armenian Genocide in World War I. All rights reserved