1915-11-20-DE-005
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Quelle: DE/PA-AA/R 20027
Zentraljournal: 1915-A-33635
Erste Internetveröffentlichung: 2017 Juni
Edition: Die deutsche Orient-Politik 1915.06-1916.12
Telegramm-Abgang: 11/20/1915 01:15 PM
Telegramm-Ankunft: 11/20/1915 02:35 PM
Praesentatsdatum: 11/20/1915 p.m.
Laufende Botschafts/Konsulats-Nummer: Nr. 607
Zustand: A
Letzte Änderung: 11/19/2017


Der AA-Vertreter im Großen Hauptquartier (Treutler) an das Auswärtige Amt

Telegraphischer Bericht


Schloß Pless, den 20. November 1915

Antwort auf Tel. Nr. 1618 {A 33531}.

Ich habe Herrn von Falkenhayn im Sinne des angezogenen Telegramms gebeten, nach Tunlichkeit dem Wunsch des Königs Constantin zu entsprechen. Er erklärt das zunächst für unmöglich und vertrat in der darauf folgenden Diskussion erneut den Standpunkt, er könne nicht in Bulgarien einen sicheren Freund vor den Kopf stoßen, um einem unsicheren Freund eine Gefälligkeit zu erweisen. Ich erwiderte, daß er eben versuchen müsse, den Wunsch des in die Enge getriebenen Königs zu erfüllen, ohne die Bulgaren zu verletzen.

Bei dieser Gelegenheit kam es deutlich heraus, daß er, wie ich bereits berichtete, das bulgarisch-griechische Verhältnis nicht mehr ganz objektiv betrachtet, sondern sich bedenklich mit den Bulgaren identifiziert. Ich sagte ihm dies höflich und schonend und machte ihn darauf aufmerksam, wie es doch absolut nötig sei, daß wir auch im Balkan-Feldzug die Führung nicht nur nominell durch den Oberbefehl Mackensen, sondern auch tatsächlich militär-politisch behielten. Sobald Griechenland das Gefühl bekomme, daß wir im bulgarischen Fahrwasser segeln, anstatt daß Bulgarien von uns dirigiert wird, müsse der König für seine bisherige Politik jede Haltung verlieren, denn er müsse sich sagen, wessen er sich zu vergegenwärtigen habe, wenn Bulgarien alle kühnen Wünsche durchsetze beziehungsweise wenn die griechischen Wünsche wegen Rücksicht auf Bulgarien unerfüllt blieben. Dann werde er es seinem Volk gegenüber bei bestem Willen nicht mehr verantworten können, unserem Konzern zum Siege zu verhelfen; er werde im Gegenteil diesen zu verhindern suchen müssen. Was der starke Entente-Druck auf so vorbereitetem Boden erreichen würde, sei klar. Da aber mit Griechenlands Umfall auch Rumänien aller Wahrscheinlichkeit nach gegen uns einschwenken würde, so würden von dem starken Impuls für die Stimmung bei allen unseren Feinden abgesehen, die Chancen unseres gesamten Erfolges so herabgesetzt, daß jedes Mittel recht sei, um dieser Entwickelung entgegen zu treten.

Ich könnte mir nicht denken, daß es bei dem militärischen Einfluß, den er unstreitig auf den neuen Bundesgenossen ausübe, nicht möglich sein sollte, die Bulgaren davon zu überzeugen, daß Monastir wie alle sonstigen Neu-Erwerbungen nur dann sichere Beute sind, wenn sie sich während des Krieges, unserem Rate folgend, so zügeln, daß unser endgültiger Sieg nicht in Frage gestellt wird.

Der General wollte sich die Antwort überlegen.


[Treutler]
[Bethmann Hollweg an Treutler am 20.11. (Nr. 1627)]

Auf Tel. Nr. 607.

Sehr mit E.E. Sprache einverstanden. Bitte diesen Standpunkt im Bedarfsfalle als den meinigen bezeichnen. Maßregeln welche König Constantin die Verfolgung seiner Politik unmöglich machen dürfen im Interesse der von mir zu vertretenden Gesamtpolitik nicht ergriffen werden.



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