1916-02-17-DE-002
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Quelle: DE/PA-AA/R 20051
Zentraljournal: 1916-A-04888
Erste Internetveröffentlichung: 2017 Juni
Edition: Die deutsche Orient-Politik 1915.06-1916.12
Praesentatsdatum: 02/22/1916 a.m.
Laufende Botschafts/Konsulats-Nummer: Nr. 77
Zustand: A
Letzte Änderung: 11/19/2017


Der Botschafter in außerordentlicher Mission in Konstantinopel (Wolff-Metternich) an den Reichskanzler (Bethmann Hollweg)

Bericht


Pera, den 17. Februar 1916

Abschrift.

Die drei leitenden Minister haben, wie ich aus verschiedenen ihrer Äußerungen entnehmen konnte, den Wunsch, daß eine türkische Armee auf einem nicht türkischen Kriegsschauplatz Verwendung findet. Es spielen dabei mehrere Beweggründe mit. Die Türkei hat mehr Soldaten unter den Waffen als sie braucht und ernähren kann. Eine Armee außerhalb der türkischen Grenzen die sie nicht mehr zu erhalten braucht, würden die Machthaber als eine dringend wünschenswerte Entlastung empfinden. Dann hoffen sie aber auch jedenfalls durch Mitwirkung auf einem anderen Kriegsschauplatz Anspruch auf größere Berücksichtigung in territorialer oder finanzieller Hinsicht bei dem Friedensschluß zu erlangen. Die Bewertung einer türkischen Armee auf einem europäischen Kriegsschauplatz habe ich dem militärischen Urteil zu überlassen. Es ist aber anzunehmen, daß ein türkisches Heer, wenn es genügend ernährt und bekleidet und mit deutschen Verbänden durchsetzt ist, dem deutschen Beispiel nachzueifern bestrebt und gut zu kämpfen bemüht sein wird. Auf dem nächsten, dem bulgarischen Kriegsschauplatz würde voraussichtlich mit dem Erfolge der gemeinsamen Waffen sehr bald das türkischer Verlangen nach der sehnlichst gewünschten Grenzberichtigung in Thrazien laut werden. Gegen den russischen Erbfeind in Galizien oder der Bukowina zu kämpfen, dürfte wohl am meisten dem Volksempfinden entsprechen. Die Hauptschwierigkeit für die Verwendung einer türkischen Armee außerhalb der türkischen Grenzen liegt wohl in den mangelhaften Transportverhältnissen der Balkanhalbinsel.


[Metternich]



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