1916-07-10-DE-003
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Quelle: DE/PA-AA/BoKon 101/Bl. 25-26
Botschaftsjournal: 10-12/1916/II 6131
Erste Internetveröffentlichung: 2010 April
Edition: Deportationsbestimmungen
Zustand: A
Letzte Änderung: 03/23/2012


Die Filiale Konstantinopel der Deutschen Orientbank an die Botschaft Konstantinopel

Schreiben



Die Filiale Konstantinopel der Deutschen Orientbank an die Botschaft Konstantinopel

Konstantinopel, den 10. Juli 1916

Der Kaiserlich Deutschen Botschaft beehren wir uns hierdurch von folgendem Vorfall Kenntnis zu geben, durch den wir uns in unseren Interessen stark geschädigt sehen.

Am 15. Februar d.J. übergaben wir der armenischen Liquidationskommission für Konstantinopel zwecks Eintragung eine unsere Forderungen an die Firma G. & M. Herbekian betreffende Anmeldung mit 21 beglaubigten Wechselabschriften, da ein Inhaber der genannten Firma, Herr Garabet Herbekian, von Konstantinopel ausgewiesen worden war. Diese Anmeldung zur Liquidationsmasse wurde von der Kommission gegen Aushändigung einer sich in unseren Händen befindlichen ordnungsgemässigen Bescheinigung angenommen, wodurch sich für uns eine weitere Ueberwachung der Geschäfte der Firma G. & M. Herbekian erübrigte. Zu unserer grossen Verwunderung hatten wir jedoch Gelegenheit festzustellen, dass die Firma Herbekian ihre Warenbestände realisierte und wir hielten es daher für angezeigt schriftlich bei der Liquidationskommission um Auskunft zu bitten. Unsere Anfrage blieb jedoch ohne Antwort und in der Zwischenzeit sind sämtliche Waren, deren Wert sich auf mehrere Tausend Pfund belief, verkauft worden.

Daraufhin sprachen wir persönlich bei der Kommission vor, welche uns nunmehr erklärte, dass Garabet Herbekian nicht als ausgewiesen betrachtet werde und wir uns zwecks Sicherstellung unserer Forderungen an das zuständige Gericht wenden müssten. Wir möchten hierzu bemerken, dass die Liquidationskommission, nachdem sie die Anmeldung unserer Forderungen zur Masse angenommen hatte, uns sofort hiervon hätte Mitteilung machen müssen, wodurch uns Gelegenheit gegeben wäre, die Realisierung der Waren auf gerichtlichem Wege zu hindern und auf dieselben zwecks Sicherstellung unserer Aussenstände einen Pfändungsbeschluss auszubringen. Durch diese Fahrlässigkeit der Kommission ist uns die Möglichkeit genommen worden, unsere Rechte bei Zeiten geltend zu machen und unsere Interessen erscheinen sehr gefährdet.

Wir bitten sehr ergebenst, uns mitzuteilen, ob keine Bedenken bestehen, wenn wir gegen das ungerechtfertigte und gesetzwidrige Vorgehen der Liquidationskommission auf notariellem Wege sowohl gegen das Ministerium des Innern sowie gegen die Liquidationskommission Protest erheben, oder ob die Kaiserliche Botschaft in der Lage ist, uns einen anderen Weg anzudeuten, um zu unserem Rechte zu gelangen.

Mit verbindlichstem Dank im voraus und dem Ausdruck vorzüglichster Hochachtung


Deutsche Orientbank Aktiengesellschaft
Zweigniederlassung Konstantinopel
[Unterschriften]

[Botschaft an Deutsche Orient Bank 17.7.]

In Beantwortung des gef. Schreibens vom 10. d.Mts. betr. die Angelegenheit G. & M Herbekian bemerke ich ergebenst, daß erfahrungsgemäß die schriftliche Anhängigmachung von solchen Ansprüchen allein nicht genügt, vielmehr daneben der persönliche Betrieb erforderlich ist, um eine sachgemäße Erledigung herbeizuführen.

Ob und wie weit die Liquidationskommission rechtlich verpflichtet war auf ihre Eingaben und schriftlichen Anfragen Sie schriftlich vom Sachverhalt zu benachrichtigen und ob demgemäß die Unterlassung einer solchen Benachrichtigung eine Fahrlässigkeit, bezw. ein gesetzwidriges Vorgehen der Kommission darstellt, entgeht mir; ich vermag daher auch nicht zu beurteilen ob in diesem Falle die Erhebung eines Protestes, oder welche anderen Schritte gegen die Liquidationskommission anzuraten sind.


N[eurath]


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