1915-04-17-DE-004
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Quelle: DE/PA-AA/R 22404
Zentraljournal: 1915-A.H.-1673
Erste Internetveröffentlichung: 2012 April
Edition: Die deutsche Orient-Politik 1911.01-1915.05
Telegramm-Abgang: 04/17/1915 04:10 PM
Telegramm-Ankunft: 04/17/1915 08:00 PM
Praesentatsdatum: 04/20/1915 a.m.
Laufende Botschafts/Konsulats-Nummer: Nr. 118
Zustand: A
Letzte Änderung: 06/17/2017


Der Staatssekretär des Auswärtigen Amts (Jagow) an den Reichskanzler (Bethmann Hollweg)

Telegraphischer Bericht



Nr. 118.

Berlin, den 17. April 1915

Baron Frh. von Wangenheim telegraphiert:

„Habe Angelegenheit zunächst vertraulich mit Mqs. Garroni besprochen, mit welchem ich wegen des italien.-österreichischen Ausgleichs dauernd in Gedankenaustausch stehe. Ich weiß, daß mein Kollege als aufrichtiger Freund Deutschlands von dem dringenden Wunsche beseelt ist, die Ausgleichsverhandlungen möchten, wenn möglich, noch in der zweiten Hälfte dieses Monats zum Abschluß gebracht werden. Botschafter und ich sind der Meinung, daß als Opfergaben nur Konzessionen bezüglich Lybiens, des Dodekanes und in Pamphylien in Betracht kommen. …… ist die Haltung der Türkei nach Mqs. Garronis Ansicht neuerdings vollkommen korrekt. Selbst seine Regierung erkennt an, daß Enver das äußerste getan hat, um ein besseres Verhältnis zwischen Senussi und Italien herzustellen. Jetzt sei man in Rom überzeugt, daß die Senussi ein falsches Spiel nicht nur gegenüber Italien und England, sondern auch gegenüber der Türkei selbst treiben. Die Türkei könne in dieser Beziehung wohl Versprechungen machen, deren Innehaltung aber nicht garantieren. Bezüglich des Dodekanes meinen wir, daß Türkei auf den Besitz dieser Inseln keinen Wert mehr legt. Andererseits würde es Mqs Garroni in Übereinstimmung mit anderen italienischen Staatsmännern für grossen Fehler halten, wenn Italien sich die Inseln dauernd aneignen wollte. Schon Lybien stelle starke Belastung Italiens dar. Der Dodekanes müsste als italienischer Besitz stark befestigt werden, was Ausgaben von mindestens 150 Millionen francs benötigen würde. Es läge daher im Interesse Italiens, die Inseln später zurückzugeben. Die Konzessionen, welche Italien bei Adalia anstrebe, seien ihm zu geringfügiges Objekt, als dass sie als Kompensation in Betracht gezogen und als solche vom italienischen Volk gewürdigt werden könnten. Wir sind daher der Ansicht, dass die Türkei Italien gegenwärtig nichts wesentliches bieten kann. Im übrigen möchte ich anheim stellen, zunächst die Italienische Regierung wegen ihrer etwaigen Wünsche direkt sondieren zu lassen. Nach dem Urteil des Großwesiers treibt Italien gegenwärtig Chantage. Wie jeder Erpresser werde es Forderungen immer höher schrauben, je mehr man ihm entgegenkommt. In diesem Zusammenhange ist vielleicht interessant, daß Mrq. Garroni nur auf die Frage, ob er dafür einstehen könne, daß Italien nach etwaiger Abtretung des Trentino nicht weitere Forderungen stellen werde, verneinend geantwortet hat. Italienische Regierung sei zwar gewillt, Neutralität zu bewahren und könne unbedingt auf Armee zählen. Sie sei aber gegenüber der Volksstimmung, dem parlamentarischen Getriebe und den Hetzereien Englands nicht stark genug, um nötigenfalls auf das Volk schiessen zu lassen. Leider sei auf Seine Majestät den König nicht zu rechnen. Jedes Abkommen zwischen Italien und Österreich müsse daher unter Zuziehung der Parteichefs, namentlich Giolittis, abgeschlossen werden, wenn es wirklich Wert haben solle.“

Rom informiert. Habe auch Baron von Wangenheim vertraulich informiert, daß Italien von Österreich auch Verzicht auf Berufung auf Artikel 7 bezüglich Besetzung des Dodekanes fordert.


[Jagow]



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