1917-01-05-DK-001
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Quelle: DK/RA-UM/Gruppeordnede sager 1909-1945. 139. N. 1, ”Armenien”
Erste Internetveröffentlichung: 2010 August
Edition: Dänische diplomatische Quellen
Telegramm-Abgang: 01/05/1917
Telegramm-Ankunft: 01/19/1917
Laufende Botschafts/Konsulats-Nummer: No. 2/2
Übersetzung: Michael Willadsen
Zustand: A
Letzte Änderung: 04/02/2012


Der Gesandte in Konstantinopel (Carl Ellis Wandel) an den Aussenminister (Erik Scavenius)

Bericht



No. 2

Konstantinopel, den 5. Januar 1917.

Vertraulich.

Herr Außenminister,

wie berichtet spekuliert die türkische Regierung mit ihren Exporten und mit der Not der Bevölkerung; das neue österreichisch-ungarische Verbot der Einfuhr von entbehrlichen Waren, kommt ihr deshalb höchst ungelegen, während die hiesige Bevölkerung es sehr begrüßt.

Das Verbot betrifft nämlich die von der Regierung betriebene Ausfuhr von Früchten (Feigen, Datteln, Rosinen etc.), auf die die Bevölkerung aufgrund des Zuckermangels nicht verzichten kann, und deren Preise als Folge der Ausfuhr und des erhöhten heimischen Verbrauchs enorm gestiegen sind.

Ein ähnliches Verbot gilt für Seide, die wegen des Mangels an Bekleidungsstoffen in der letzten Zeit vermehrt ausgeführt wurde, während die hier billig produzierten Seidenstoffe für große Teile der Bevölkerung notwendige Güter wurden.

In den hiesigen Tageszeitungen wurde gestern ein interessantes Rundschreiben vom türkischen Innenministerium an die Behörden in den Vilajets veröffentlicht.

Es heiß in diesem Rundschreiben, dass Personen, die „von privilegierten Vilajets, wie Ägypten und anderen, oder von Orten, wo es keine militärischen Organisationen gibt, in das Osmanische Reich gekommen sind, der Wehrpflicht nicht unterliegen, wie sie noch keinen ständigen Wohnsitz im Land haben.

Was die türkische Regierung mit dem Ausdruck „privilegierte Vilajets“ meint, ist noch nicht geklärt. Wenn sie Tripolis, Tunis, Ägypten u.s.w. damit meint, ist die Bedeutung des Rundschreibens nicht groß, aber wenn die Bestimmung auch solche Vilajets wie den Libanon betrifft, denen die Pforte, um den Wünschen der Großmächte entgegenzukommen, gewisse Sonderrechte zugestanden hat, die sie nach Kriegsausbruch sofort zurücknahm, würde sie in dieser Angelegenheit größere politische Zurückhaltung zeigen als sie es lange Zeit getan hat.

Seine Heiligkeit der armenisch katholische Patriarch [Boghos Bedros/Paul Peter Terzian XIII/13] sagt, dass bei den letzten von der jungtürkischen Regierung durchgeführten Massakern 6 armenische Bischöfe getötet worden sind, und als ich fragte, ob die Behörden so weitermachen, antwortete er, dass die wenigen übriggebliebenen Armenier an ferne Orte geschickt worden sind, wo sie vor Not und Elend sterben.

Ihre Heiligkeit glaubt, dass über eine Million Armenier von den Türken umgebracht worden sind.

Mit vorzüglicher Hochachtung verbleibe ich, Herr Minister, Ihr ergebenster


Wandel



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