1915-05-17-DE-004
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Quelle: DE/PA-AA/R 20185
Zentraljournal: 1915-A.S.-2360
Erste Internetveröffentlichung: 2012 April
Edition: Die deutsche Orient-Politik 1911.01-1915.05
Praesentatsdatum: 05/17/1915
Laufende Botschafts/Konsulats-Nummer: Nr. 489
Zustand: A
Letzte Änderung: 06/17/2017


Der Reichskanzler (Bethmann Hollweg) an den AA-Vertreter im Großen Hauptquartier (Treutler)

Erlaß



Nr. 489.

Berlin, den 17. Mai 1915

Abschrift.

Für General von Falkenhayn.

Im Falle eines Losschlagens Italiens werden die zu treffenden Maßnahmen natürlich nach den militärischen Möglichkeiten und Zweckmäßigkeiten zu entscheiden sein.

Doch möchte ich nicht unterlassen, Ew. Exzellenz mitzuteilen, wie sich die Lage vom politischen Gesichtspunkt aus mir darstellt.

Eine Aktion gegen Serbien, die bei schnellem und energischem Einsetzen voraussichtlich auch jetzt noch die Unterstützung Bulgariens finden würde, dürfte aller Wahrscheinlichkeit nach unsere Position im Balkan sichern, Rumänien vom Eingreifen abhalten und, wie gesagt, Bulgarien für uns gewinnen. Damit würde auch Verbindung mit Türkei hergestellt und letzterer das Ausharren im Kampf an unserer Seite ermöglicht. Eine Preisgabe des Balkans aber könnte Bulgarien verführen sich gegen die Türkei zu wenden und diese gemeinsam mit Entente anzugreifen, um wenigstens Linie Enos-Midia für sich zu gewinnen. Hiervon ganz abgesehen würden in Rumänien die Kriegshetzer voraussichtlich bald Oberhand gewinnen und das Land zum Angriff gegen Österreich fortreißen.

Obwohl mir die Stärke der österreichischen und unserer verfügbaren Streitkräfte nicht näher bekannt ist, nehme ich an, daß Aktion gegen Serbien ein offensives Vorgehen gegen Italien verbietet und auf seiner Front nur defensives Verhalten zulassen würde. Dabei kann allerdings nicht übersehen werden, daß eine energische Offensive gegen Italien den Vorteil versprechen würde, dort nach der ersten größeren Niederlage eine Katastrophe herbeizuführen. Volk und Armee sind gespalten, Begeisterung für Krieg fehlt unbedingt in breiten Volksmassen. Eine Niederlage der ohnehin nicht sehr tüchtigen Armee würde voraussichtlich alle zahlreichen Gegner des Krieges gegen die Regierung mobil machen und Zusammenbruch herbeiführen. Andrerseits könnte bei anfänglich erfolgreichem Vorrücken der italienischen Armee in österreichisches Gebiet die Kriegsfreudigkeit in Italien allgemein und nationaler Enthusiasmus erzeugt werden.

Euerer Exzellenz wäre ich dankbar für Mitteilung beabsichtigter militärischer Maßnahmen.

Reichskanzler


[Bethmann Hollweg]



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