1915-11-19-DE-005
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Quelle: DE/PA-AA/R 20027
Zentraljournal: 1915-A-33602
Erste Internetveröffentlichung: 2017 Juni
Edition: Die deutsche Orient-Politik 1915.06-1916.12
Telegramm-Abgang: 11/20/1915 01:56 AM
Telegramm-Ankunft: 11/20/1915 04:28 AM
Praesentatsdatum: 11/20/1915 p.m.
Laufende Botschafts/Konsulats-Nummer: Nr. 2742
Zustand: A
Letzte Änderung: 11/19/2017


Der Botschafter in außerordentlicher Mission in Konstantinopel (Wolff-Metternich) an das Auswärtige Amt

Telegraphischer Bericht


Pera, den 19. November 1915

Der österreichisch-ungarische Botschafter erzählte mir heute von den Wünschen Halil Bey’s und seiner Kollegen mit Bezug auf die Grenzberichtigungen in Thrazien zu Gunsten der Türkei und in Bulgarien auf Kosten Griechenlands im Gebiet von Kavala, worüber anderweitig bereits berichtet worden ist. Er sagte, er habe Halil Bey versprochen, der Österreichisch-Ungarischen Regierung zu berichten. Dieser habe er vorgeschlagen, den Türken nicht alle Hoffnungen zu benehmen, sonder zu temporisieren. Er habe aus dem Grunde nicht zu schroff die türkischen Wünsche abweisen wollen, weil wenn auch nicht die Wahrscheinlichkeit, so doch immerhin die Möglichkeit vorliege, daß das Triumvirat, wenn es sich von Seiten seiner jetzigen Verbündeten schlecht behandelt glaubt, plötzlich den Feinden Frieden anbieten könne.

Ich erklärte dem Markgrafen Pallavicini, auch ich halte diese Umschwenkung für höchst unwahrscheinlich, auf der anderen Seite es aber auch für gefährlich, den Türken mit Bezug auf die gewünschten Grenzberichtigungen Hoffnungen zu machen. Ich hätte die Absicht, bei passender Gelegenheit Halil Bey im eigenen Interesse der Türkei darauf hinzuweisen, daß es gefährlich sei, während eines Krieges sich neue Feinde zu schaffen, und daß König Konstantin’s Politik gestärkt werden müsse, anstatt ihr Schwierigkeiten zu bereiten. Wenn Bulgarien und Griechenland bemerkten, daß die Türkei den Wunsch hege, sich auf ihre Kosten zu bereichern, so könne man es noch erleben, daß sich beide geeinigt gegen die Türkei wendeten. Ich hielte es deshalb, so würde ich Halil Bey ferner sagen, im eigensten Interesse der Türkischen Regierung gelegen, ihre Wünsche auf Gebietserweiterung nach der thrazischen Seite hin mindestens bis zum Ende des Krieges in ihrem Innersten zu verschließen.


[Metternich]



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