1915-10-24-DE-003
Deutsch :: de
Home: www.armenocide.net
Link: http://www.armenocide.net/armenocide/armgende.nsf/$$AllDocs/1915-10-24-DE-003
Quelle: DE/PA-AA/R 20193
Zentraljournal: 1915-A-30880
Erste Internetveröffentlichung: 2017 Juni
Edition: Die deutsche Orient-Politik 1915.06-1916.12
Telegramm-Abgang: 10/24/1915 10:00 PM
Telegramm-Ankunft: 10/25/1915 06:10 PM
Praesentatsdatum: 10/25/1915 p.m.
Laufende Botschafts/Konsulats-Nummer: Nr. 1378
Zustand: A
Letzte Änderung: 11/19/2017


Der Gesandte in Athen (Mirbach) an das Auswärtige Amt

Telegraphischer Bericht


Athen, den 24. Oktober 1915

Antwort auf Telegramm Nr. 839 {A 30801}.

Für den Chef des Generalstabes des Feldheeres.

Inhalt des Telegramms Oberst Metaxas mitgeteilt.

1.) Auf Grund der wiederholten Versicherungen Ew. Exzellenz ist der Generalstab über die Begrenzung der Operation und etwa notwendig werdender Verfolgungen, soweit serbisches Gebiet in Frage kommt, völlig beruhigt und dankbar für die erfolgreiche Vermittelung Ew. Exzellenz.

2.) Die Frage der Entwaffnung auf griechischem Gebiet zurückgehender Ententetruppen wird angeblich im griechischen Ministerium der auswärtigen Angelegenheiten entschieden. Ich habe eindringlichst schnelle Entscheidung empfohlen.

Oberst Metaxas musste die Berechtigung der Forderung anerkennen und hat sofortige Schritte beim Ministerpräsidenten versprochen.

3.) Bei der Frage der Belassung einer deutschen Hauptarmee in Serbien bis Friedensschluss bezw. bis zur Demobilisierung Bulgariens vertrat Oberst Metaxas heute den Standpunkt, der Generalstab glaube nicht mehr, dass Bulgarien nach der Operation gegen Serbien noch die Kraft haben werde, über Griechenland herzufallen. Griechenlands Interesse sei an dieser Frage nur noch infofern beteiligt, als die griechische Regierung der deutschen Politik auf dem Balkan einen vollen Erfolg wünschen müsse, nachdem sie der Entente ihre innere Sympathie mit dieser Politik durch ihre Haltung gezeigt habe und in Zukunft noch deutlicher zeigen werde. Auch aus innerpolitischen Gründen müsse sie wünschen, dass ihre Haltung gegenüber der Entente durch den endgültigen Sieg der Zentralmächte gerechtfertigt werde.

Metaxas glaubt aber nicht, daß Deutschland unbedingt auf Bulgarien bis zum Schlusse rechen könne, und anführt dafür ausser bekannten Gründen, dass Timeskorrespondent Bourchier in Sofia geblieben sei, der bei Sir E. Grey mehr Einfluss habe als der englische Gesandte. Nachrichten aus Sofia besagten ausserdem, die öffentliche Meinung werde dahin bearbeitet, die Zentralmächte hätten weniger Truppen als erwartet nach Serbien geschickt und so den Serben Gelegenheit gegeben, Teile der Truppen von Nordfront abzuziehen und gegen Bulgarien anzusetzen. So werde gegen Deutschland schon jetzt Missstimmung bereitet, die die starke Rußland freundliche Partei ausnutzen werde, sobald Deutschland seine Truppen aus dem Balkan zurückgezogen haben werde.

Hier zu melde ich gehorsamst: Die Absicht des Obersten Metaxas, die deutschen Interessen an der Belassung von Truppen in Serbien jetzt so auffallend in den Vordergrund zu schieben, lässt darauf schliessen, dass er mit diesem Vorschlag zuerst zu weit gegangen zu sein glaubt und dass die massgebenden Stellen befürchten, dass das Verdienst Griechenlands an dem erwarteten deutschen Erfolg geschmälert werden könnte. Ich habe wiederholt darauf hingewiesen, dass man in Athen nicht beurteilen kann, wie weit sich die deutschen massgebenden Stellen politisch und militärisch gesichert haben. Dass man trotzdem immer wieder auf die bulgarische Gefahr zurückkommt, zeigt aber, wie ernsthaft man sich mit dieser Frage beschäftigt und dass man mit allen Mitteln verhindern möchte, sich in einem gegebenen Moment Bulgarien allein gegenüber zu sehen. Eine Annäherung an die Türkei scheint man bis dahin nicht für möglich zu halten und bei Rumänien dürfte man auf Andeutungen unbefriedigende Antworten erhalten haben.

Soweit ich die Frage beurteilen kann, dürfte es vorläufig nicht nötig sein, dem griechischen Generalstab gegenüber auf sie zurückzukommen. Doch wäre es vielleicht nützlich, den Vertretern der Balkanstaaten gegenüber und in der Presse die Stärke der verbündeten Streitkräfte in Serbien und der türkischen Reserven an verfügbaren Streitkräften zu betonen.

Metaxas schätzt die deutsch-österreichische Armee in Serbien auf 200000 Kombattanten, davon 170000 Gewehre, die türkische Armee in Gallipoli und Thrazien auf nicht über 160000 Gewehre.

Marineattaché.


[Mirbach]



Copyright © 1995-2024 Wolfgang & Sigrid Gust (Ed.): www.armenocide.net A Documentation of the Armenian Genocide in World War I. All rights reserved