1915-04-19-DE-003
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Quelle: DE/PA-AA/R 20182
Zentraljournal: 1915-A.S.-1713
Erste Internetveröffentlichung: 2012 April
Edition: Die deutsche Orient-Politik 1911.01-1915.05
Telegramm-Abgang: 04/19/1915 03:20 AM
Telegramm-Ankunft: 04/19/1915 04:25 AM
Praesentatsdatum: 04/19/1915 a.m.
Laufende Botschafts/Konsulats-Nummer: Nr. 47
Zustand: A
Letzte Änderung: 06/17/2017


Der Reichskanzler (Bethmann Hollweg) an das Auswärtige Amt

Telegraphischer Erlaß



Nr. 47.

Gr. Hauptquartier, den 19. April 1915.

Herr v. Falkenhayn, von Wiener Antwort in Kenntnis gesetzt, hat General von Conrad um erneute Einwirkung auf Baron Burian gebeten und darauf folgende Antwort erhalten:

„Heute erneuere ich meine gestern nach Wien berichtete Forderung, daß jetzt ein Bruch unbedingt vermieden werden muß. Erhalte soeben Mitteilung, daß Baron Burian zuversichtlich hofft, mit Verhandlungen bis Mitte Mai hinweg zu kommen. Für den Fall, daß Italien sich nicht hinziehen läßt und innerhalb dieser Zeit loszuschlagen droht, habe ich bei Darlegung der Aussichtslosigkeit unserer sodann entstehenden Lage das Eingehen auf die Forderung Italiens als notwendig hingestellt, obgleich diese ein die Großmachtstellung der Monarchie vernichtendes ungeheures Opfer heischt; dabei habe ich allerdings gefordert, daß bei erster Gelegenheit alle Zugeständnisse rückgängig zu machen wären, womöglich noch ehe sie erfüllt sind. Für diesen Fall, welcher bei vorübergehend erkaufter Ausschaltung Italiens nach siegreicher Beendigung des Krieges gegen Rußland und Frankreich-England einzutreten vermöchte, muß aber die solidarische Mitwirkung Deutschlands gegen Italien vertragsmäßig sicher gestellt werden.

Es scheint mir aber nicht ausgeschlossen, daß Italien darüber im Klaren ist, ein friedlicher Genuß des mit unerhörter Perfidie erpressten Besitzes könne ihm nur dann beschieden sein, wenn es jetzt in den Krieg eingreifend ihn gegen uns entscheidet und die Monarchie wehrlos macht. Ist Italien entschlossen, zu diesem Zweck den Bruch herbeizuführen, so wird es kein Zugeständnis daran hindern, einen Vorwand zu finden. In diesem Fall wird es nicht nur die beanspruchten Gebiete besetzen, sondern mit voller Kraft auf Wien vorrücken. Wir können dies dann mit den im Südwesten befindlichen Kräften nicht hindern, kaum verzögern. Die Folgen eines solchen Vorgehens für unsere beiden Reiche sind klar. Die Diplomaten müssen alles aufbieten, diesen Fall zu vermeiden, mir aber wird es zur Pflicht, ihn doch in Betracht zu ziehen, wenn es eben nicht zu vermeiden wäre.

Nur in diesem Sinne bitte ich die auch einem diesbezüglichen direkten Verlangen Baron Burians entsprechende Erneuerung meiner Frage aufzufassen, welche Kräfte die deutsche Heeresleitung dem Zwecke widmen könnte, um die durch einen Angriff Italiens drohende Lähmung unserer Kampfkraft abzuwenden.

Ich brauche Ew. Exzellenz nicht erst zu versichern, daß ich trotzdem an der unbeirrten Durchführung der vereinbaren Operation gegen Rußland festhalte und die äußersten Opfer der Monarchie zur Ausschaltung Italiens in den Kauf nehme.

General Conrad.“

Herr v. Falkenhayn hat sichere Nachricht, daß Italien stille Einberufung der Jahrgänge 1890 u. 91 angeordnet hat.


[Bethmann Hollweg]



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