1916-10-03-DE-002
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Quelle: /PA-AA/R 20102
Zentraljournal: 1916-A-27096
Erste Internetveröffentlichung: 2017 Juni
Edition: Die deutsche Orient-Politik 1915.06-1916.12
Praesentatsdatum: 10/06/1916 p.m.
Laufende Botschafts/Konsulats-Nummer: A Nr. 174
Zustand: A
Letzte Änderung: 11/19/2017


Der Gesandte in Sofia (Oberndorff) an den Reichskanzler (Bethmann Hollweg)

Bericht


Sofia, den 3. Oktober 1916

Ganz vertraulich!

Herr Radew, bisher Bulgariens Gesandter in Bukarest, ist hier angekommen und hat mich heute besucht. Ueber die letzten Tage seines Aufenthalts wusste er nichts zu erzählten, was nicht schon bekannt wäre. Dagegen entwickelte er mir, allerdings als seine rein persönliche Ansicht, ein politisches Zukunftsprogramm, das ich hier wiedergeben möchte.

Die Rumänen, so sagte er mir, seien, wenn die Macht der Bojaren gebrochen, ein Sklavenvolk, das jedem fremden Herrn willig gehorchen werde. Ganz anders die Serben, mit ihrem Nationalstolz und ihrer zähen Tapferkeit. Für Serbien habe sich die Entente verbürgt, für Rumänien habe sie wenig übrig. Gelinge es Rumänien zu Boden zu schlagen, so könne das Land vielleicht dazu diene, die grosse Zeche zu bezahlen. Die Donaumündung müsse in irgend einer Form international bleiben; der Rest lasse sich unter die Anlieger verteilen; auch Rußland solle sich sein stück in der Moldau nehmen; wegen Serbiens wäre dann wohl eine Einigung zu treffen, denn wenn Rumänien verschwindet, könne dafür Serbien auf der Landkarte stehen bleiben.

Der Gedanke einer Teilung Rumäniens wäre sicher hier sehr populär. Nach einer Bemerkung, die einmal Radoslawow machte, scheint auch Seine Majestät der König Seine Phantasie schon mit solchen Plänen beschäftigt zu haben. Dagegen sprach sich Seine Majestät früher einmal gegen mich sehr heftig über die Absicht der Oesterreicher aus, den Serbenstaat wieder herzustellen. Wenn nötig liesse sich aber in diesen Wein wohl etwas Wasser giessen.

Einstweilen gilt es, den angeschossenen rumänischen Bären völlig zur Strecke zu bringen, ehe man sich über die Verteilung der Haut schlüssig mache.


A.Oberndorff



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