1916-09-01-DE-002
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Quelle: DE/PA-AA/R 20096
Zentraljournal: 1916-A-23601
Erste Internetveröffentlichung: 2017 Juni
Edition: Die deutsche Orient-Politik 1915.06-1916.12
Praesentatsdatum: 09/02/1916 a.m.
Laufende Botschafts/Konsulats-Nummer: Nr. 388
Zustand: A
Letzte Änderung: 11/19/2017


Der Gesandte in Sofia (Oberndorff) an das Auswärtige Amt

Telegraphischer Bericht


Sofia, den 1. September 1916

Ganz geheim!

Herr Radoslawow erzählte mir in vertraulichem Gespräch, er habe die Rumänen absichtlich hingehalten in der Hoffnung, für militärische Vorbereitungen Zeit zu gewinnen. Daß der Gesandte Radew ohne Auftrag seine Pässe verlangt hat, sei gegen seine Absicht gewesen, da er gern Rumänien noch einige Tage im ungewissen gelassen. Derussi habe hier eifrig mit den Russophilen verhandelt, die vergeblich versucht haben, von Seiner Majestät dem König empfangen zu werden. Zuletzt habe D. sich an den Kabinettchef Dobrovitsch gewandt und Mazedonien und Garantien für die Dynastie angeboten, wenn Bulgarien unter Wechsel des Ministeriums sich von den Zentralmächten lossage. Der Vorschlag soll vom englischen Gesandten in Bukarest betrieben worden sein. Ob in den Garantien für die Dynastie auch der König selbst inbegriffen, sei nicht klar. Dobrovitsch, der leider versäumt, Derussi zu schriftlicher Formulierung des Antrags zu veranlassen, habe ihn dem König mitgeteilt, gerade als Radoslawow zu den letzten Beratungen bei Seiner Majestät auf dem Lande weilte. Der König habe das Anerbieten nicht einmal einer Erwähnung gewürdigt, sodaß Radoslawow erst jetzt Kenntnis davon erhielt.

Auch Äußerungen meines spanischen Kollegen deuten daraufhin, daß Derussi sich starke Illusionen machte. Er habe sich, sagte mir Herr Saavedra, bis zuletzt ruhig und optimistisch gezeigt. Erst das Telegramm, das ihn anwies, Pässe zu verlangen, weil Radew seine gefordert, habe ihn in gewaltige Aufregung versetzt.


[Oberndorff]



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