1914-09-11-DE-001
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Quelle: DE/PA-AA/R 1914
Zentraljournal: 1914-A-21536
Erste Internetveröffentlichung: 2012 April
Edition: Die deutsche Orient-Politik 1911.01-1915.05
Laufende Botschafts/Konsulats-Nummer: Nr. 779
Zustand: A
Letzte Änderung: 06/17/2017


Der Botschafter in Konstantinopel (Wangenheim) an das Auswärtige Amt

Telegraphischer Bericht



Nr. 779
Therapia, den 11. September 1914

Antwort auf Telegramm Nr. 650

Es ist den in Bukarest ausgeübten Einflüssen, mit deren Wirksamkeit die Türken fest gerechnet hatten, bisher nicht gelungen, eine schriftliche Erklärung der rumänischen Neutralität zu erhalten. Das dadurch in Sofia von neuem erweckte Mißtrauen hat zur Folge gehabt, daß Radoslavow dem nach Sofia entsandten Generalstabsoffizier erklärt hat, Bulgarien werde vorerst nichts gegen Serbien unternehmen. Die Rückwirkung hat sich hier sofort fühlbar gemacht. Türken werden gemäß ihrer früheren Erklärung ihre Truppen nicht ins Schwarze Meer senden, solange Bulgarien nicht im Kampf steht. Die Besorgnis der Türken vor einem Umschlag der Meinung in Sofia ist nach den Erfahrungen des Balkankrieges und der Untreue Italiens und Rumäniens durchaus begreiflich. Falls Russen nicht bald aus Galizien hinaus geschlagen werden, muß Bulgariens Haltung ebenso wie die Rumäniens unsicher werden. Erreichbar bleibt Demonstrationsfahrt der Flotte an Varna und Constantza vorbei. Expedition gegen Batum hat zur Voraussetzung, daß Georgier bewaffnet werden. Das dauert mindestens ein bis zwei Monate. Versprochene Gewehre bisher noch nicht einmal hier eingetroffen. Vorbereitungen für Expedition nach Egypten schreiten fort. Ausführung leichter, weil Türkei nicht Krieg zu erklären braucht. Bei Kriegaktion gegen ... [vom AA ergänzt: Rußland] ... müßten Dardanellen sofort geschlossen werden. Geschieht letzteres, so kann die Türkei höchsten 4 bis 6 Wochen aushalten. Dann muß Hungersnot und Zusammenbruch auch unserer Politik eintreten. Auch Rumäniens Erklärung, die Durchfahrt nach hier unter allen Umständen offen zu halten, liegt noch nicht vor. Türkische Aktion kann also nur eintreten, wenn mindestens Wahrscheinlichkeit vorhanden ist, daß binnen 4 bis 5 Wochen Erfolg erzielt wird, der die Türken auch der Nahrungssorgen überhebt. Derartiger Erfolg steht aber nur in Aussicht, wenn Situation im Kaukasus genügend vorbereitet. Meine Auffassung wird von den Admiralen geteilt.


[Wangenheim]
[Antwort Jagow, Großes Hauptquartier 13.9. (Nr. 6)]

Erbitte Erklärung, warum Schließung der Dardanellen Hungersnot für Türkei bedeuten würde.



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