1914-11-28-DE-002
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Quelle: DE/PA-AA/R 20173
Zentraljournal: 1914-A-32605
Erste Internetveröffentlichung: 2012 April
Edition: Die deutsche Orient-Politik 1911.01-1915.05
Telegramm-Abgang: 11/28/1914 01:30 PM
Telegramm-Ankunft: 11/28/1914 04:46 PM
Praesentatsdatum: 11/28/1914 p.m.
Laufende Botschafts/Konsulats-Nummer: Nr. 898
Zustand: A
Letzte Änderung: 06/17/2017


Der Botschafter in Wien (Tschirschky) an das Auswärtige Amt

Telegraphischer Bericht



Nr. 898.

Wien, den 28. November 1914.

Im Anschluß an Telegramm Nr. 896.

Hilmi Pascha hat von Enver Pascha gleichfalls Nachricht von dem bulgarischerseits beabsichtigten Transport von Munition über Dedeagatsch. Enver Pascha hat Hilmi angewiesen, für diesen Plan einzutreten. Hilmi Pascha hat aber die schwersten Bedenken und schließt aus der sofortigen Zustimmung Englands auf eine Falle. [Anmerkung Zimmermann: „Hilmi Pascha hat völlig recht. Ich werde heute nochmals mit Prinz Hohenlohe eindringlich die Sache besprechen.“] England werde die mit Munition beladenen Schiffe vermutlich doch zurückhalten, Bulgarien vor die Entscheidung stellen, entweder mit der Entente zu gehen oder auf die Munition zu verzichten. Die für die Türkei bestimmte Munition sei sehr leicht von der bulgarischen zu unterscheiden und werde wohl auf jeden Fall in den Händen der Engländer verbleiben. Außerdem würde der Transport der Munition aus Ungarn bis an den italienischen Hafen mindestens 14 Tage, der Weitertransport nach Dedeagatsch wieder 10 Tage dauern. Bei alledem sei noch sehr zweifelhaft, ob nicht Italien den ganzen Plan zum Scheitern bringen würde.

Hilmi Pascha hält nach wie vor Öffnung des Donauweges für das einzige Mittel, die für Bulgarien und die Türkei dringend notwendige Munition zu expedieren. [Anmerkung Zimmermann: „zweifellos richtig“] Die Türkei brauche sie auch für die Verteilung an die Beduinen und die aufrührerischen Stämme in Persien.

Nach Hilmi Paschas und meinen Eindrücken bringt man hier - außer bei Graf Berchtold persönlich - der Sache des Donauweges nicht das erforderliche Interesse entgegen. Graf Kageneck schreibt heute vertraulich, General Frhr. v. Hötzendorf habe die von uns angebotene Entsendung einer Division nach Serbien abgelehnt. Gleichzeitig höre ich aber zufällig, daß ein deutscher Generalstabsoffizier zu General Potiorek entsandt worden sei. Der Offizier hat sich auf der Botschaft hier nicht gemeldet, was ich bedaure, da eine Besprechung der Angelegenheit mit ihm vielleicht nützlich gewesen wäre. Meiner Ansicht nach sollten wir mit allen Mitteln trachten, die Freimachung des Donauweges - auch auf eigene Rechnung - zu erzwingen. [Anmerkung Zimmermann: „absolut notwendig.“] Wie Hilmi Pascha mir sagte, habe Graf Tisza seine Zustimmung zur Verwendung aller in Südungarn stehenden Landsturmtruppen - zirka 10000 Mann - bereits gegeben. Der Widerstand scheint sonach hauptsächlich bei General Frhr. v. Hötzendorf zu liegen.


[Tschirschky]
[Zimmermann 30. 11. an Botschafter Constantinopel (No. 1381)

Wie Graf Tarnowsky meldet beabsichtigt bulgarischer Ministerpräsident die für Bulgarien bestimmte Munition auf dem Seeweg über Dedeagatsch kommen zu lassen. England und Frankreich hätten bereits zugesagt Schiffe mit bulgarischer Munition ungestört durchzulassen türkische Munition würde jedoch angehalten werden. Trotzdem will Herr Radoslawoff auch türkische Munition unter bulgarischer Adresse mitnehmen lassen.

Wir haben in Sofia dringend abgeraten den englisch-französischen Zusagen zu trauen. England und Frankreich würden vielleicht von Konfiskation absehen aber die Munition zwecks Prüfung Tatbestandes sicher so lange festhalten bis sie für Bulgarien wertlos. Die türkischen Vertreter in Wien und Sofia haben gleichfalls schwerste Bedenken während Enver für den Plan einzutreten scheint. Die für die Türkei bestimmte Munition ist leicht von der bulgarischen zu unterscheiden und würde wohl auf alle Fälle in Händen der Engländer verbleiben. Auch ist sehr zweifelhaft ob nicht Italien die Verschiffung vereiteln würde.



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