1918-03-17-DE-001
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Quelle: DE/PA-AA/R14099
Zentraljournal: 1918-A-11739
Erste Internetveröffentlichung: 2000 März
Edition: Kaukasus Kampagne
Praesentatsdatum: 03/16/1918 p.m.
Laufende Botschafts/Konsulats-Nummer: Nr. 397
Zustand: A
Letzte Änderung: 03/23/2012


Der Unterstaatssekretär im Auswärtigen Amt (Bussche-Haddenhausen) an den Botschafter in Konstantinopel (Bernstorff)

Telegraphischer Erlaß



Nr. 397
Berlin, den 17. März 1918

2 Anl.

Tanin und Terdjüman-Artikel vom 15. März sind geeignet nicht nur Armenier, sondern auch unsere öffentl. Meinung über Absichten türkischer Regierung in Armenierfrage zu beunruhigen. Abgesehen davon sind aber so heftige Presseäußerungen auch deshalb bedenklich, weil dadurch unter türkischer Bevölkerung Stimmung hervorgerufen wird, die zu gefährlichen Ausbrüchen gegen Armenier führen kann und jedenfalls der Türk. Reg. die von ihr beabsichtigte versöhnliche Armenierpolitik erschweren muß. Ich empfehle dringend, daß türkische Reg. der Presse Zurückhaltung auferlegt. Es wäre auch zweckmäßig weitere amtliche Meldungen über die Greueltaten der Armenier zurückzuhalten, bis die Berichte der zu Wehib Pascha zu entsendenden Pressevertreter vorliegen. Berichte der Milli Agence finden nach früheren Erfahrungen im neutralen und feindlichen Auslande keinerlei Glauben mehr.

Bitte dringend in diesem Sinne auf dortige Regierung einzuwirken. Gleichzeitig nach Bukarest mitgeteilt.


B[ussche-Haddenhausen]
Anlage 1
V. K. v. Kauffmann

Tanin bringt an erster Stelle einen armenische Kreise aufs tiefste beunruhigenden Artikel unter Ueberschrift "Grossarmenien". Nach kurzer Geschichte der türk.-armen. Beziehungen, die in der Vergangenheit als gut, in der letzten Zeit als dauernd sich verschlechternd hingestellt werden, Verschlechterung, die lediglich auf Armenier zurückzuführen sei, eingeht er auf seinen wohl durch klimatische Verhältnisse begründeten rauhen Charakter, vor allem Schuld an Zerwürfnis sei der von vielen Kreisen gepflegte Gedanken eines Gross-Armeniens. Trotz aller Rücksichten türk. Behörden [sei] diese Idee mit steigender Gewalttätigkeit propagiert worden. Stärkere Form habe sie durch Balkankrieg und zarischen Imperialismus gewonnen. In diesem Kriege hofften die Armenier auf völlige Verwirklichung ihrer Bestrebungen. Tanin aufzählt die aufrührerischen Vorbereitungen. Rückzug ottomanischer Truppen abzuschneiden, sowie vielfache Rebellion und Gewalttaten. Nur mit grösstem Widerstreben und lebhaften Bedauern habe osmanische Regierung notwendige Massnahmen zur eigenen Rettung. Von zaristischer Gefahr getroffene Land sei zwar gerettet, der Zarismus zu Boden geworfen, armenische Komitatschis, wildesten der Geschichte, hätten aber noch nicht alle Hoffnung verloren. Sie kämpfen mit ganzer Kraft, überschwemmten das Land mit Blut, natürlich müsse dem ein Ende gemacht werden, denn heute wolle er nur soviel sagen, dass diese Komitatschis, die jeden Verstand verloren hätten, ein Unglück für südliches Kaukasien und nördliches Persien seien. Sie wollten einesteils ottomanisches Reich vernichten, andernteils südliches Kaukasien beherrschen, die Türken dort aufzureiben, die Georgier zu versklaven und in Nordpersien einzudringen seien ihre phantastischen Ziele. Die grossen Chimären brächten aber auch grosse Enttäuschungen, auch diese mal sei es so gewesen.

Kaspar.
Anlage 2

Terdjueman vertritt Ansicht, dass Entwicklung im Osten durch Amerika aufgehalten zu Gunsten Japans vor sich gehe. Aati spricht sich gegen Universitätsgründung, die er im Augenblick als Luxus erklärt aus. Ikdam voraussieht für einen Teil russischer Republiken Schicksal der französischen vor 1790 glaubt aber an staatlichen Fortbestand von Gross-Kleinrussland, Donaurepublik einer Polen, Litauen und Weissrusslands einerseits und Finnlands als unabhängigen Bundesstaat, rückhält aber vielsagend Urteil, über Zukunft Türkestans, Urals und Kaukasiens. Tanin - und Tesvir feiern Einzug der Alliierten in Odessa, dem alten türkischen Wodja-Bey. "Terdjueman" schliesst Artikel über Rückeroberung Erzerum [unleserlich] der Banden in reinstem Wahnsinn, der zur Vernichtung aller Armenier führen kann. Türken können leicht die kleinen durch den Ausfall der bevölkerunggeschaffenen Lücken ausfüllen, denn ihre nationale Kraft sei unerschöpflich. An sich habe sie nicht das Ziel, die Armenier zu vernichten, aber wenn die armenischen Komitees diese Absicht den Türken gegenüber hegten, so bestehe ausser Zweifel, dass die Armenier diejenigen seien, die ausgerottet werden. Sabah, der häufig offiziös inspiriert ist begründet in weit ausholender Beweisführung türkischen Ersatz allen Staaten gegenüber die mutwillig oder aus Gewinnsucht in den Krieg getreten sind. Anspiegelung auf Dobrudscha geht unter anderem auch daraus hervor, dass er unter Hinweis auf Telegrammwechsel zwischen Souveränen die starke Hoffnung ausdrückte augenblicklich, d.h. Bukarester Verhandlungen mögen sich von gleicher Überzeugung leiten lassen, wie [unleserlich] sie ausgesprochen.

Kaspar.


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