1915-05-24-DE-002
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Quelle: DE/PA-AA/R 20185
Zentraljournal: 1915-A.S.-2557
Erste Internetveröffentlichung: 2012 April
Edition: Die deutsche Orient-Politik 1911.01-1915.05
Telegramm-Abgang: 05/24/1915 12:55 AM
Telegramm-Ankunft: 05/24/1915 02:30 AM
Praesentatsdatum: 05/24/1915 a.m.
Laufende Botschafts/Konsulats-Nummer: Nr. 1202
Zustand: A
Letzte Änderung: 06/17/2017


Der Botschafter in Konstantinopel (Wangenheim) an das Auswärtige Amt

Telegraphischer Bericht



Nr. 1202.

Pera, den 24. Mai 1915

Der bulgarische Geschäftsträger sagte mir heute, Bratiano habe vor etwa acht Tagen noch Herrn Radoff erklärt, der Schlüssel für die Haltung der Neutralität läge in Rom. Nachdem sich Italien nun zum Losschlagen entschlossen, befindet sich nach Ansicht meines Kollegen der Schlüssel der Gesamtlage in Rumänien. Falls letzteres dem Beispiel Italiens folge, sei zunächst das Schicksal der Türkei entschieden. Aber auch Bulgarien stände dann vor der Gefahr einer russischen Invasion über Rumänien. Was dann Radoslawoff tun werde, könne niemand vorher wissen. Alles käme jetzt darauf an, daß Rumänien à tout prix für die Zentralmächte gewonnen werde. Österreich müsse so schnell wie möglich und nicht erst wie bei Italien im letzten Moment Rumänien Konzessionen anbieten. Er glaube nicht, daß Österreich bis zur Abtretung Transsylvaniens zu gehen brauche, um Rumänien zum Losschlagen zu bringen. Irgendeine territoriale Konzession müsse aber unter allen Umständen gemacht werden, etwa in der Bukowina. Wenn …[Gruppe fehlt]… gelänge Rumänien zu gewinnen und dieses gleichzeitig zur …[dto]… eines Teils der Dobrudscha an Bulgarien zu bewegen, so unterliegt es keinem Zweifel, daß Bulgarien die Niederringung Serbiens ganz allein auf sich nehmen werde, so daß Deutschland und Österreich mit aller Wucht sich auf Italien werfen könnten. Wenn Rumänien bloß neutral bleibe, so …[dto]… das Mißtrauen Bulgariens gegen Rumänien immer stärker sein als der Trieb, sich …[2 Gruppen unverständlich]… zu rächen. Mein österreichischer Kollege will von Konzessionen an Rumänien absolut nichts wissen und verlangt, daß die Türkei durch Konzessionen an Bulgarien (Enos Midia-Linie) dieses zum Eingreifen bewegen solle. Wie mir mein bulgarischer Kollege sagte, hat Bulgarien nicht das geringste Bedürfnis, sich in Ost-Thracien zu bereichern: il ne faut pas chercher midi à quatorze heures.

[Wangenheim]



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