1.) in 5 Abzügen den Bericht über die Unterredung mit Djemal Pascha am 28. August d.J.,
2.) in ebenso viel Abzügen Abschrift eines Briefes von mir vom heutigen Tage an den Pascha,
3.) die Urschrift dieses Briefes zu überreichen. Letztere bitte ich ergebenst an ihn weitergelangen zu lassen. Die Abzüge unter 1 und 2 sind für die Kenntnis des Auswärtigen Amtes, für die Kaiserlichen Botschaft in Konstantinopel und für die Konsulate in Aleppo, Jerusalem und Beirut gemeint. Wir wären außerordentlich dankbar, wenn auch die dortigen Vertreter des Reiches u.U. dazu mithelfen würden, daß die Zusagen des Paschas sich in die Tat umsetzen. Die Not unserer Liebeswerke bez. ihrer Pfleglinge ist groß. Den Entwurf eines Schreibens an Izzet Pascha bitte ich nach einigen Tagen zu gütiger Beratung vorlegen zu dürfen.
Für die Vermittlung der Unterredung mit Djemal Pascha Euer Hochwohlgeboren im Namen der durch mich vertretenen Anstalten nochmals aufs wärmste dankend, bleibe ich in vorzüglicher Hochschätzung,
Ihr ergebener
Anlage 1
J'accepte également avec reconnaissance l'offre si précieuse que Votre Excellence a bien voulu nous faire en faveur des districts voisins; la misère y est aussi grande et nous espérons tout de Sa bienveillante recommandation auprès de leurs gouverneurs. Encouragé par le gracieux accueil de Votre Excellence, j'ose La prier de me dire quels ordres Elle a déjà donnés et quelles mesures je dois prendre de mon côté pour assurer le prompt succès de notre entreprise aussi dans ces districts.
Avec l'expression de ma très vive gratitude, je prie Votre Excellence de bien vouloir agréer celle de mon plus profond respect.
I. Œuvre de bienfaisance allemande (Deutscher Hilfsbund):1
IV. Société de Jérusalem (Jerusalemverein):
Anlage 2
Niederschrift über den Gang der Besprechung zwischen dem Generalissimus der türkischen Armee in Syrien, Djemal Pascha, und Missions-Direktor D. Axenfeld, Direktor A. W. Schreiber und Oberlehrer Sommer, zu
D. Axenfeld. Er dankte für die Gewährung der Unterredung und gab der Sympathie aller Deutschen für die tapferen türkischen Bundesgenossen Ausdruck. Namens der Sr. Exzellenz bekannten deutschen evangelischen Liebesarbeiten im Orient dankte er auch für den Schutz und die mannigfache Förderung dieser dem Wohle der notleidenden türkischen Bevölkerung dienenden Unternehmungen, so der Arbeit der Kaiserswerther Schwestern in Jerusalem, Beirut und Aleppo und des deutschen Hilfsbundes in Aleppo und Marasch (Schw. Beatrice Rohner, Schw. Paula Schaefer, Herr Blank). Die Not, namentlich bei den Armeniern, übersteige aber unsere Hilfskräfte und wecke unser tiefstes Mitleid. Wir seien Deutsche und darum sei es selbstverständlich, daß wir loyale Freunde der Türkei seien. Aber wir seien auch Christen. Wie es ein moslemisches Gemeingefühl gäbe, so hätten auch wir Christen ein herzliches Mitgefühl mit allen unseren Mitchristen, zumal wenn sie sich in Not und Anfechtung befänden. Es gehe ein tiefer Schmerz durch die Kreise der deutschen Christen wegen des Geschickes der Armenier. Er erlaube sich daher die sehr herzliche Bitte um Hilfe für die Notstände, an deren Linderung die deutschen Liebeswerke arbeiten, namentlich um Gewährung von Nahrungsmitteln für die Frauen und Kinder.
Djemal Pascha dankt für den Besuch, sowie den Ausdruck der Sympathie für die Türkei und spricht seine "Anerkennung der geäußerten edlen religiösen Gefühle und seine volle Uebereinstimmung mit den bekundeten menschenfreundlichen Gesinnungen" aus. Diese Uebereinstimmung werde aber nicht widerlegt durch die Stellung, die die Türkei gegen die Armenier eingenommen habe. Ihnen gegenüber habe es sich nicht um eine religiöse, sondern um eine politische Frage gehandelt. Die Türkei habe einem Manne geglichen, der von allen Seiten überfallen wird und in der höchsten Lebensnot zu den äußersten Mitteln greifen muß. In jedem Lande ginge ferner die Bevölkerung, zumal in Zeiten der Erregung, leicht über strenge Maßnahmen der Regierung noch hinaus und ließe sich zu Ausschreitungen hinreißen, die nicht zu billigen seien, so in der Türkei besonders die Kurden. Gegen die Armenier sei die türkische Regierung nicht vorgegangen, weil sie Christen, sondern weil sie Armenier waren und der Bestand des Staates gefährdet war. Gegen Araber würde im gleichen Fall ebenso verfahren. Im übrigen wären in seinem Bezirke, dank seines starken persönlichen Einflusses, keine Ausschreitungen gegen Armenier erfolgt. Aber nicht jeder Oberbefehlshaber könne einen so starken Einfluß ausüben.
Auf die Frage, ob seine Ausführungen deutlich gewesen und verstanden worden seien, erwiderte
D. Axenfeld: "Ich habe die Ausführungen Euer Exzellenz wohl verstanden. Mir liegt aber ihnen gegenüber sehr daran, festzustellen, daß wir nicht gekommen sind, um zu tadeln oder anzuklagen, sondern nur, um in loyalster Gesinnung Hilfe zu erbitten für Notleidende. Diese hungernden Frauen und Kinder können der Türkei nicht gefährlich sein. Es handelt sich um ein Werk der rein menschlichen Barmherzigkeit."
Djemal Pascha: Dem kann ich nur beistimmen. Ich bin gern bereit, in jeder Beziehung Ihre Arbeiten zu unterstützen und unentgeltlich Lebensmittel zu gewähren. Schreiben Sie Ihren Freunden in Aleppo und Marasch, in Jerusalem und Beirut und anderen Orten, daß sie ihre Bitten mir vorlegen. Ich werde reichlich helfen und auch in anderen Bezirken meinen Einfluß geltend zu machen suchen."
Oberlehrer Sommer dankt in türkischer Sprache für die bisherige Hilfe und die freundliche Zusage der freien Gewährung von Lebensmitteln. Da die Hungersnot sehr empfindlich und Getreide auf dem offenen Markt nicht zu haben sei, bittet er besonders um Gewährung von Getreide aus den staatlichen Vorräten. Es sei dieses eine reine Menschlichkeitsfrage; auch in unseren Anstalten, besonders den Krankenhäusern, werde Christen und Muhammedanern die gleiche Hilfe zuteil.
Djemal Pascha, ebenfalls in türkischer Sprache: "Das ist auch meine persönliche Stellung. Ich mache keinen Unterschied zwischen Christen und Muhammedanern. Das Wohl aller Osmanen liegt mir am Herzen. Der Grundsatz der Toleranz ist mir sehr sympathisch. Ihre Bitten will ich gerne gewähren."
Mit Handschlag wurden die Besucher freundlich entlassen.