1915-08-05-DE-005
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Quelle: DE/PA-AA/R 20190
Zentraljournal: 1915-A.S.-4090
Erste Internetveröffentlichung: 2017 Juni
Edition: Die deutsche Orient-Politik 1915.06-1916.12
Telegramm-Abgang: 08/05/1915 08:05 PM
Telegramm-Ankunft: 08/05/1915 09:35 PM
Praesentatsdatum: 08/06/1915 a.m.
Laufende Botschafts/Konsulats-Nummer: Nr. 268
Zustand: A
Letzte Änderung: 11/19/2017


Der AA-Vertreter im Großen Hauptquartier (Treutler) an das Auswärtige Amt

Telegraphischer Bericht


Pless, den 5. August 1915

Folgendes Telegramm des Obersten von Lossow kam heut an General v. Falkenhayn:

„Habe heute von Enver Pascha erfahren, daß Radoslawow türkisches Angebot Maritza Grenze annehmen würde. Auf Grund meiner Besprechungen bei Durchreise in Sofia mit bulgarischem Generalstabschef und hiesiger Informationen unterbreite ich folgendes:

1. Bulgarien rechnet 12 Millionen Tons Getreide unter allen Umständen zu exportieren. Da Seeweg Schwarzes Meer und Ägäisches Meer gesperrt, Öffnung Donaustraße Lebensfrage für Bulgarien. In bulgarischer Politik sehr wichtiger Faktor. Für Operation gegen Serbien daher zunächst wichtigstes Ziel Besitznahme der Donaustrecke Orsowa-Widin. Öffnung der Donaustraße bringt auch uns die nötige ungehinderte Verbindung mit der Türkei.

2. Auf Losschlagen Bulgariens mit Sicherheit erst dann zu rechnen, wenn der erste deutsche Kanonenschuß gegen Serbien fällt. Gemeinschaftliche deutsch-bulgarische Aktion gegen Serbien wird uns Bulgarien dauernd verpflichten. Dieser Faktor kann später unsere Stellung gegenüber der Türkei wesentlich stärken. Kann sehr nützlich für uns werden, falls Türken zu selbständig werden. Deutsch-österreichische Truppen gegen Serbien deshalb nötig, sobald große russische Operation zum Abschluß gelangt ist.

3. Teile dieser deutsch-österreichischen Truppen bereit zum Vorgehen gegen Rumänien, falls dieses sich gegen Bulgarien wenden sollte. Mitwirkung Rumäniens gegen uns könnte so vielleicht ausgeschaltet werden. Dementsprechend Gesamtstärke der deutsch-österreichischen Kräfte auf diesem Kriegsschauplatz zu bemessen.

4. Bulgarien muß Teile seiner Armee gegenüber griechischer Grenze stehen lassen, legt jetzt schon dort Befestigungen an. Griechenland durch Vertrag verpflichtet Serbien zu helfen, wenn Bulgarien angreift. Daß Griechenland trotz dieses Vertrags neutral bleibt, scheint nicht unwahrscheinlich. Aus griechischen Kreisen hört man die Ansicht, daß Griechenland nicht gegen Deutschland kämpfen will.

Instruktion erbeten was ich mit Enver in dieser Sache besprechen darf. Irgendeine türkische Hilfe bei dieser Operation halte ich für ausgeschlossen, da alle türkischen Kräfte zur Zeit gebunden sind. Wenn Griechenland neutral bleibt, bulgarische Kräfte an griechischer Grenze als Reserve für Dardanellen-Armee für alle Eventualitäten vorteilhaft.“

Ich machte Herrn v. Falkenhayn darauf aufmerksam, daß Punkt 4 sehr unpraktisch ist. Wir müßten alles versuchen, um gegenseitige Reizungen zwischen Griechenland und Bulgarien zu vermeiden.


[Treutler]



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