1916-06-26-DE-003
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Quelle: DE/PA-AA/R 20200
Zentraljournal: 1916-A-17209
Erste Internetveröffentlichung: 2017 Juni
Edition: Die deutsche Orient-Politik 1915.06-1916.12
Praesentatsdatum: 06/29/1916 p.m.
Laufende Botschafts/Konsulats-Nummer: Nr. 290
Zustand: A
Letzte Änderung: 11/19/2017


Der Gesandte in Bukarest (Bussche-Haddenhausen) an den Reichskanzler (Bethmann Hollweg)

Bericht


Bukarest, den 26. Juni 1916

Abschrift.

Nach umlaufenden Gerüchten soll Bratianu auf eine Aufforderung der Entente, für diese in den Kampf einzugreifen, erwidert haben, er sei hierzu bereit, sofern

1). die allgemeine Offensive beginne und Erfolg verspreche,

2). Rußland Rumänien gegen Bulgarien genügend Schutz gewähre,

3). werde er Deutschland nie den Krieg erklären.

Ich habe dem Minister des Innern, da Bratianu nicht in der Stadt ist, hiervon Kenntnis gegeben und ihm gesagt;

1). Ich glaube nicht daran, daß Bratianu den Krieg erklären wolle,

2). tue er es doch, so renne er in sein Verderben, denn eine Lage wie mit Italien sei unmöglich; dort hätten wir keine Truppen gehabt, während wir in Bulgarien und an der russischen Front deutsche Truppen hätten, die sofort gegen Rumänien in Bewegung gesetzt werden würden, wenn dieses Österreich-Ungarn und Bulgarien angreifen sollte.

Herr Mortzun stelle emphatisch in Abrede, daß Bratianu solche Absichten hege, gab aber zu, daß vor einigen Wochen von Rußland eine Aufforderung gekommen sei, die ablehnend beantwortet wurde. Das stimmt ja mit unseren geheimen Nachrichten, die Herr von Bergen mir zusandte.

Herr Marghiloman erzählte mir heute, daß nach eben von Paris erhaltenen Nachrichten die dortige rumänische Gesandtschaft fest damit rechne, daß Rumänien etwa Mitte Juli in den Krieg an der Seite der Entente eintreten werde; dann sollte die große allgemeine Offensive beginnen. Briand habe volles Vertrauen zu Bratianu, den er durch das Versprechen gewonnen habe, daß Frankreich auf der Friedenskonferenz gegen zu weit gehende Ansprüche Rußlands helfen werde.

Ich halte diese Nachricht für nicht maßgebend. Bratianu hält, soviel ich weiß, den Gesandten Lahovary für einen Esel und weiht ihn nicht in seine Pläne ein. Briand wird Bratianu ebenso wie andere hinters Licht geführt haben. Der Brief, den Marghiloman erhielt, ist kurz vor dem Entente-Ultimatum an Griechenland geschrieben worden und weist bereits auf ein scharfes Vorgehen gegen Griechenland hin, das der Auftakt zu dem allgemeinen Vorgehen der Entente sein sollte.

Ich sehe in den hier ausgesprengten Gerüchten sowie in dem Brief aus Paris den Versuch der Entente, auf Rumänien zu drücken. Der Ton der Pariser Presse spricht dafür, ebenso das Vorgehen der Russen in Mamornitza.

Ich werde morgen Bratianu und vielleicht auch den König sehen, dem ich brieflich schon von dem Inhalte des Pariser Briefes Kenntnis gegeben habe, und dann eventuell telegraphieren.


[Bussche]



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