1915-04-08-DE-002
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Quelle: DE/PA-AA/R 20182
Zentraljournal: 1915-A.S.-1537
Erste Internetveröffentlichung: 2012 April
Edition: Die deutsche Orient-Politik 1911.01-1915.05
Telegramm-Abgang: 04/08/1915 07:00 PM
Telegramm-Ankunft: 04/09/1915 12:40 PM
Praesentatsdatum: 04/09/1915 p.m.
Laufende Botschafts/Konsulats-Nummer: Nr. 156
Zustand: A
Letzte Änderung: 06/17/2017


Der Gesandte in Sofia (Michahelles) an das Auswärtige Amt

Telegraphischer Bericht



No. 156.

Sofia, den 8. April 1915.

Für General von Falkenhayn.

Wurde gestern vom Kronprinzen und Könige, heute vom Ministerpräsidenten empfangen. König und Herr Radoslawoff sind übereinstimmend Bulgariens Eingreifen in Serbien prinzipiell nicht abgeneigt, sobald unsere Truppen dort bereits in Aktion getreten sind; nur wünschen beide den Zeitpunkt ihres Eingreifens weiter hinauszuschieben, als nach meinen Instruktionen für uns wünschenswert ist und möchten anscheinend erst mobilisieren, wenn wir schon Donau überschreiten. Die Forderung von vier Divisionen gegen Negotin-Zaitschar halten sie für zu hoch gegriffen, wenn sie zugleich gegen Nisch vorgehen und in Mazedonien einmarschieren und ferner starke Reserven gegen etwaige russische Landung oder griechischen Gegenangriff aufstellen sollen. Beim König bildet die Furcht vor Wahrscheinlichkeit russischer Kriegserklärung Haupthinderungsgrund. Auch wirkt entmutigend die Erklärung des griechischen Generals in Salonik, daß er seine Truppen Serbien zur Verfügung zu stellen habe, wenn bulgarische Banden bei Doiran weiter fortschreiten. Wie Ministerpräsident bemerkte hat Herr Sawinski sofortige russische Kriegserklärung an Bulgarien in Aussicht gestellt, sobald letzteres eine feindliche Handlung gegen Serbien unternimmt. Trotz ihrer Bedenken gingen der König und Herr Radoslawoff in Details einer bulgarischen Kooperation ein und scheinen unsere Ansicht zu teilen, daß eine erfolgreiche Aktion deutsch-österreichischer Truppen in Serbien hier alte Rachegedanken und nationale Wünsche auf Wiedererlangung geraubter Gebiete neu entflammen und der Regierung den Entschluß zum Losschlagen gegen Serbien erleichtern werden. Der König möchte lieber 6 statt 4 deutscher Divisionen bei der Donau-Armee, sowie den Oberbefehl in deutschen Händen sehen.

Aktion in Mazedonien würde dem bulgarischen Volk verständlich und erwünscht sein, weniger diejenige gegen Negotin, die wieder dem König im Hinblick auf eine künftige Angrenzung an Ungarn am Herzen liegt.

Auf meine Warnung, den entscheidenden Moment für sein Land nicht zu vergessen, fragte der König, wem wir denn außer Bulgarien nach Niederwerfung Serbiens Mazedonien geben wollten; Bulgarien brauche als Grenze die untere Struma, reflektiere aber nicht auf Salonik.

Leipzig.


[Michahelles]



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