1914-09-04-DE-003
Deutsch :: de
Home: www.armenocide.net
Link: http://www.armenocide.net/armenocide/armgende.nsf/$$AllDocs/1914-09-04-DE-003
Quelle: DE/PA-AA/R 22402
Zentraljournal: 1914-A.H.-607
Erste Internetveröffentlichung: 2012 April
Edition: Die deutsche Orient-Politik 1911.01-1915.05
Telegramm-Abgang: 09/04/1914 05:34 PM
Telegramm-Ankunft: 09/04/1914 07:40 PM
Praesentatsdatum: 09/05/1914 a.m.
Laufende Botschafts/Konsulats-Nummer: Nr. 276
Zustand: A
Letzte Änderung: 06/17/2017


Der Unterstaatssekretär im Auswärtigen Amt (Zimmermann) an das Große Hauptquartier (Jagow)

Telegraphischer Bericht



Nr. 276.

Berlin, den 4. September 1914

Der K. Botschafter in Konstantinopel telegraphiert unter No. 700:

„In der Nacht von gestern auf heute hat auf der Botschaft in meinem Beisein die Aussprache zwischen dem Khedive und Enver stattgefunden. Die Begegnung verlief äußerst dramatisch. Khedive versuchte durch umständliche Ausführungen sein Verhalten gegen die Türkei und Enver während des tripolitanischen Feldzugs zu rechtfertigen. Sein Eintreten für Italien in der lybischen Frage erklärte er damit, daß seine Feinde England und Frankreich seien, die er mit Italien habe bekämpfen müssen. Außerdem sei er mit der italienischen Königsfamilie seit Jahren eng befreundet. Nunmehr schwöre er aber, daß er alle Beziehungen zu fremden Staaten fallen lassen und nur Türke sein werde. Nur die Türkei könne ihn noch retten. Bleibe er passiv, so sei er sowieso verloren. Die bewegten Ausführungen seiner Hoheit blieben nicht ohne Eindruck auf Enver, sodaß eine Versöhnung zustande kam. Ich griff mit der Bemerkung ein, daß es sich für S.H. hier nicht um Gefühle, sondern um Interessen handele. Letztere wiesen S.H. bestimmt auf die Türkei hin. Sonst setze er sich der Gefahr aus, sein Leben in einer schweizerischen Pension beendigen zu müssen.

Verabredet wurde, daß die Bewegung von hier aus mit Hilfe der egyptischen Nationalisten vorbereitet werden solle. Der Khedive werde vorläufig nicht exponiert werden, sondern solle nur seine Vertrauensmänner zur Verfügung stellen. Ueber die Hauptvorgänge wird S.H. auf dem Laufenden gehalten werden. Erst wenn die Organisation fertig ist, hat er hervorzutreten. Khedive erklärte sich bereit, an der Spitze eines türkischen Armeekorps nach Egypten zu marschieren.

Nachdem der Khedive die Botschaft verlassen, erzählte mir Enver, daß bereits vier türkische Offiziere mit 40 egyptischen Offizieren die Vorbereitungen des Aufstandes begonnen hätten. Zunächst würden in jedem Distrikt des Landes Banden von 10 bis 15 Mann gebildet, die jeden Engländer totschlagen würden. Die Engländer würden sich daraufhin in die Städte zurückziehen. Dann sei der Moment für das Eingreifen der Türkei und der Araber gekommen.“

Vier Stellen informiert.


[Zimmermann]


Copyright © 1995-2024 Wolfgang & Sigrid Gust (Ed.): www.armenocide.net A Documentation of the Armenian Genocide in World War I. All rights reserved