1915-03-12-DK-001
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Quelle: DK/RA-UM/UM, 2-0355, ”Konstantinopel/Istanbul, diplomatisk repræsentation”, ”Noter og indberetninger om den politiske udvikling, 1914-1922”, ”Verdenskrigen. Rapporter fra Smyrna. Nov. 1914-marts 1916”
Erste Internetveröffentlichung: 2010 August
Edition: Dänische diplomatische Quellen
Telegramm-Abgang: 03/12/1915
Laufende Botschafts/Konsulats-Nummer: No. 3
Übersetzung: Michael Willadsen
Zustand: A
Letzte Änderung: 03/23/2012


Der Konsul in Smyrna (Alfred van der Zee) an die Gesandtschaft in Konstantinopel (Carl Ellis Wandel)

Bericht



No. 3
Smyrna, 12. März 1915.
Sir,

ich habe die Ehre, Ihnen folgendes zu berichten:

Am Freitag 5. d.M. 13 Uhr 30 erschien eine anglo-französische Flotte bestehend aus drei Kreuzern, vier Torpedobooten, fünf Minensuchbooten und einem Transportschiff unter dem Befehl des Konteradmirals Henry Pears (Pierce) vor Vourla. Die drei Kreuzer liefen auf die Festung St. James (Sanjak Kalé) am Eingang des Golfes von Smyrna zu.

10 Minuten vor zwei Uhr eröffneten die Schiffe das Feuer auf die Festung und setzten es bis 17 Uhr fort. 136 Granaten wurden auf das Fort abgeschossen, von denen 27 die Festung voll trafen. Anfangs erwiderte die Festung das Feuer mit sechs Schuss, stellte aber kurz danach ihr Feuer ein.

Am Sonnabend den 6. d.M wurde das Feuer um 8 Uhr auf die erkennbaren Batterien an der Küste zwischen Kilisman & dem Dorf St. Georges eröffnet und bis 10 Uhr fortgesetzt, und erneut von 2 bis 4 Uhr. Die Batterien erwiderten das Feuer auf das Heftigste.

Am gleichen Tage wurde ein von Enver Pascha unterzeichneter Befehl an H. E. Pertev Pascha, dem Befehlshaber des 4. Armeekorps weitergeleitet, wonach alle Angehörigen der beteiligten Mächte verhaftet und an die beschossenen Stellen gebracht werden sollten. Um 12 Uhr 30 nahm die von Gendarmen unterstützte Polizei die Verhaftungen aller Engländer, Belgier, Montenegriner und Serben in Smyrna vor. Sie wurden auf der Sultanié-Schule bis zehn Uhr festgehalten, wonach jene, die es sich leisten konnten, sich in von der Verwaltung ausgewählten Hotels einquartierten, wo sie unter Bewachung gestellt wurden.

Die Angehörigen der feindlichen Mächte, die in Dörfern lebten, wurden folgendermaßen interniert: Jene aus Bournabat im Haus von Herbert Whittall und jene aus Boudjah im Haus von Herrn Gordon. S. E. Rahmy Bey, der Generalgouverneur, tat alles in seiner Macht stehende, um die Befehle den Umständen entsprechend zu mildern.

Am Sonntag, den 7. d.M. begann die Beschießung um 10 Uhr 30 und dauerte bis 12 Uhr. Sie wurde um 14 Uhr 30 wieder aufgenommen und dauerte bis 17 Uhr. Dann begann sie erneut um 20 Uhr und dauerte bis 1 Uhr 30. Der Nachtangriff diente wohl dazu, die Minensucher Feuerschutz zu geben, die versucht hatten, das U-Boot-Minenfeld abzuräumen. An diesem Tag durften alle feindlichen Staatsbürger, wenn sie 60 Jahre oder älter waren wieder nach Hause gehen, auf ihr Ehrenwort hin, dort auch zu bleiben.

Am Montag, den 8. d.M. begann die Beschießung um 10 Uhr 20 und dauerte bis 12 Uhr 20. Ziel war das Fort, in das die Militärs schleunigst neue Kanonen gebracht hatten. Sie begann erneut um 4 Uhr und dauerte bis 5 Uhr, als das Fort nicht mehr zurück schoss. Um 19 Uhr 20 setzte sie erneut ein und dauerte bis 3 Uhr früh, um den Minensuchbooten Schutz zu geben, von denen aber eines getroffen wurde und sank, wie berichtet wurde.

Ich bin gut darüber informiert, daß sich die türkischen Offiziere und Soldaten während der Beschießung ausgezeichnet verhielten und eine große Moral bewiesen.

Als der Krieg zwischen der Türkei und den Alliierten ausbrach, wurden drei englische Dampfer, die "Biliter", die "Assiout" & die "Stadt von Khios", die im Hafen von Smyrna ihre Ladung löschten, von den Türken als Kriegsbeute beschlagnahmt. Am Dienstag ordneten die militärischen Stellen an, daß diese drei Dampfer einzeln am Eingang des Golfs von Smyrna und innerhalb des St. Johns Forts versenkt werden, um die Navigation für den Feind noch schwieriger zu machen. Einige Granaten wurden von den Kriegsschiffen in diese Richtung abgefeuert, um diese Maßnahme zu verhindern.

Am gleichen Tag scheint der englische Admiral signalisiert zu haben, daß er bereit war, einen Parlamentarier an Bord zu empfangen, Carabiber Bey, der Direktor der politischen Angelegenheiten in Smyrna begleitet von [George] Horton, dem amerikanischer Generalkonsul, gingen an Bord. Während ihres Besuchs wurde die Beschießung natürlich eingestellt, aber nach dem Ende ihres Aufenthalts um 3 Uhr wieder aufgenommen und bis 4 Uhr fortgesetzt.

Am Mittwoch, dem 10. d.M. gab es eine Feuerpause, weil die Gespräche zwischen dem Admiral und den Behörden, die über den amerikanischen Konsul liefen, fortgesetzt wurden. Als vorläufiges Ergebnis wurden die Staatsbürger der feindlichen Mächte freigelassen. Am Donnerstag, den 11. d.M. scheint eine Übereinkunft erreicht worden sein, deren Inhalt nicht genau bekannt ist, sich aber wie folgt zusammenfassen lässt:

1. Die Stadt wird nicht von den Engländern besetzt;

2. Die Minen werden gehoben;

3. Das Fort wird entwaffnet und alle Batterien demontiert;

4. Smyrna wird nicht als eventueller Fluchthafen für die österreichische oder deutsche Flotte dienen,

sowie weitere weniger wichtigere Bedingungen. Nach den mir zugetragenen Informationen wurden alle Bedingungen angenommen, mit Ausnahme der 3., und sind nach Konstantinopel weitergegeben worden, und ein Waffenstillstand bis zum Sonnabend, den 13., der bis Montag, den 15. verlängert werden kann, wurde beschlossen.

Obgleich nichts Genaues bekannt gegeben wurde, wird befürchtet, daß die Bedingungen nicht akzeptiert werden und die kriegerischen Handlungen wieder aufgenommen werden könnten.

Von S.E. dem Vali von Smyrna sind alle Maßnahmen zur Aufrechterhaltung der öffentlichen Sicherheit getroffen worden, herkömmliche Flaggen wehen an Kirchen und Krankenhäusern usw. und das Vertrauen ist immerhin so groß, daß Vorkehrungen für Neutrale, die Stadt zu verlassen, wieder aufgehoben worden sind.

Während der gesamten Beschießung verhielt sich die Bevölkerung ruhig und friedlich, beobachtete von der Hafenmole und anderen wichtigen Stellen Smyrnas aus die große Anzahl von Geschossen, die ihr Ziel verfehlten und unter hohen Fontänen im Wasser landeten. Dank der Wachsamkeit S.E. Rahmy Beys, des Generalgouverneurs des Vilajets, der persönlich und permanent per Kraftwagen, zu Pferd oder zu Fuß durch die Stadt patrouillierte, gab es kein einziges Opfer.

Seine Exzellenzen Pertev Pascha vom 4. Armeekorps und Djemal Bey, der Kommandant der Streitkräfte Smyrnas waren mit ihren Stäben jeden Tag an den Brennpunkten und blieben die Nacht über in ihren Kasernen. Ich verbrachte einige Zeit in ihrer Gesellschaft und genoss ihre gute Laune nach den Anstrengungen des Tages.

Ich werde weiterhin über die Lage berichten und insbesondere über die stattgefundenen Verhandlungen, sowie ich Details darüber in Erfahrung bringen kann.

Bis dahin verbleibe ich Euer Exzellenz gehorsamster Diener.


Alfred van der Zee



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