1915-10-24-DE-001
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Quelle: DE/PA-AA/BoKon/171
Botschaftsjournal: A53a/1915/6721
Erste Internetveröffentlichung: 2003 April
Edition: Genozid 1915/16
Laufende Botschafts/Konsulats-Nummer: J. Nr. 1823
Zustand: A
Letzte Änderung: 03/23/2012


Der Konsul in Beirut (Mutius) an den Botschafter in Konstantinopel (Wangenheim)

Bericht



J. Nr. 1823
Beirut, den 24. Oktober 1915

2 Anlagen 1

Der hier wohnhafte Patriarch der unierten Syrer Ignaz Ephrem II. Rahmani (Patriarch von Antiochien) hat mir die hierneben gehorsamst beigefügten Schreiben an den Erzbischof von Köln und den päpstlichen Nuntius in München mit der Bitte übergeben, sie ihrer Bestimmung zuführen zu wollen. Der Patriarch hat in seiner Unterredung mit mir ausgeführt, er habe von Priestern seiner Kirche aus den verschiedensten Bezirken Kleinasiens und Mesopotamiens Meldung erhalten, dass von den türkischen Massnahmen gegen die Armenier auch Angehörige der unierten syrischen Kirche und zwar in grösserer Menge betroffen und teils getötet, teils aus ihrer Heimat ausgewiesen worden seien. Er habe die Aufmerksamkeit der türkischen Behörden darauf gelenkt, dass die unierten Syrer nach Kultur und Rasse vollständig von den Armeniern verschieden seien, auch durch ihr stets loyales Verhalten der türkischen Regierung gegenüber keinen Anlass zu derartigen Massregeln gegeben hätten. Er, der Patriarch, habe seit Jahren mit den Kreisen des hohen katholischen Klerus in Deutschland und den bekannteren deutschen Orientalisten auf Grund persönlicher Bekanntschaft sowie aus Anlass seiner eigenen wissenschaftlichen Arbeiten auf dem Gebiet der Kirchengeschichte und der Erklärung altchristlicher Texte die angenehmsten Beziehungen unterhalten und sei von jeher ein Freund und Bewunderer der deutschen Wissenschaft gewesen. Er fühle sich, angesichts des ihm unerklärlichen Vorgehens der türkischen Behörden gegen seine Glaubensgenossen, beunruhigt und erbitte das Interesse der Kaiserlichen Regierung für seine Person in der Form eines empfehlenden Wortes an das zuständige türkische Ministerium in Konstantinopel.

Ich habe dem Patriarchen erwidert, dass ich ihm keine Aussichten auf eine Verwendung der Kaiserlichen Regierung für seine Person seiner eigenen Regierung gegenüber machen könne, dass ich jedoch bereit sei, seine mir übergebenen Schreiben auf dem Wege über die Kaiserliche Botschaft an ihre Bestimmung zu senden.

Ich bemerke noch, dass die Angaben des Patriarchen über seine Beziehungen zu deutschen Kreisen meines Wissens zutreffen und dass er sich hier früher zwar nicht als Deutschen-Freund aber auch nicht, wie dies andere christliche Würdenträger hier getan haben, als ausgesprochener Anhänger Frankreichs hervorgetan hat.


Mutius
[Notiz Neurath]

Wir haben uns bereits für die Syrer verwendet. Eine Verwendung für den Patriarchen wäre nicht nur aussichtslos, sondern würde ihm nur schaden.

1Befinden sich nicht bei der Akte.



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