„Herr Radislawow, der nach kurzem Unwohlsein wiederhergestellt, teilte mir mit, daß in Wien endgültige Verständigung über Abgrenzungsfragen nicht erzielt sei.
Die Frage der Angliederung Semendrias und der Bahnlinie an Bulgarien sei nur gestreift worden.
Hingegen habe er die auf Pristina und Prisrend bezüglichen bulgarischen Wünsche vorgebracht, aber bei Baron Burian, der auf Schaffung Groß-Albaniens unter Einschluß von Ipek, Diakowa, Pristina, Prisrend, Tetowo, Dibra bestehe, wenig Entgegenkommen gefunden. Baron Burian habe auch Zurückziehung der bulgarienschen Truppen und Verwaltungsbeamten aus den Gebieten von Pristina und Prisrend und Übergabe dieser Gebiete an Albanien noch während des Krieges angeregt. Man habe sich schließlich geeinigt, daß jetziger Zustand vorläufig bleiben solle, doch habe Baron Burian ausdrücklich erklärt, daß er kein Präjudiz schaffe.
Nach Angabe Radoslawow’s desinteressiert sich Bulgarien an Schicksal Albaniens, glaubt aber schon aus strategischen Gründen an Abgrenzungswünschen festhalten zu müssen.
Radoslawow hält es für möglich, daß König Ferdinand die Angelegenheit inzwischen weiter gefördert hat, ist aber ohne Nachricht von Seiner Majestät.“
Wie auch aus Wiener Meldungen hervorgeht, scheinen Bulgaren albanische Wünsche in den Vordergrund gestellt haben, wovon wir auch schon in Pleß abgeraten hatten. Die übrigen Wünsche, betreffend Erweiterung der ganzen vertragsmäßigen Grenze nach Westen (Morawatal etc.) sind aber auch recht bedeutend und würden schon einen nicht unerheblichen Mehrgewinn für das Plus der bulgarischen Leistungen darstellen.