1916-10-13-DE-004
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Quelle: /PA-AA/R 20103
Zentraljournal: 1916-A-28158
Erste Internetveröffentlichung: 2017 Juni
Edition: Die deutsche Orient-Politik 1915.06-1916.12
Praesentatsdatum: 10/17/1916 p.m.
Laufende Botschafts/Konsulats-Nummer: Nr. 635
Zustand: A
Letzte Änderung: 11/19/2017


Der geschäftsführende Erste Sekretär in Konstantinopel (Radowitz) an den Reichskanzler (Bethmann Hollweg)

Bericht


Pera, den 13. Oktober 1916

Im Anschluß an Bericht Nr. 614 vom 5.10. {A 27500}.

Die Spionageangelegenheit in Smyrna, über die ich Anfang dieses Monats berichtet habe, hat auch in Constantinopel zu einigen Verhaftungen geführt. Außer den in Smyrna festgenommenen, inzwischen hierher verbrachten Personen sind in Constantinopel noch zwei weitere Mitglieder der Familie Kyrickides verhaftet worden. Gleichzeitig ist die Regierung einer anderen Spionagegeschichte auf die Spur gekommen, die in Constantinopel und Rodosto spielte und an der ebenfalls einige Griechen und auch ein Franzose beteiligt sind. Weiteren derartigen Fällen wird noch nachgegangen.

Das bei diesen Fällen zu Tage geförderte Material hat zu ernsten Erwägungen im Schoße der Regierung geführt, ob nicht alle bisher frei sich bewegenden Ausländer in Konzentrationslagern unterzubringen sein dürften. Wenn auch hierüber noch keine Beschlüsse gefaßt worden sind, so werden diese Vorkommnisse doch jedenfalls dazu beitragen, die Stimmung gegen die Griechen zu verschärfen, und es wird immer wahrscheinlicher, daß dem Ausbruch von Feindseligkeiten zwischen Griechenland und der Türkei sofort drastische Maßnahmen gegen die hiesigen Griechen folgen werden. In diesem Zusammenhang möchte ich nicht unerwähnt lassen, daß Talaat Bey soeben eine Reise nach Smyrna unternommen hat, die nach außen hin als Inspektionsfahrt im Zusammenhang mit der Lebensmittelfrage dargestellt wurde, tatsächlich diente sie aber, wie ich zuverlässig erfahre, Besprechungen mit dem Wali von Smyrna über die Maßnahmen, die für dieses an griechischen Einwohnern reichste Vilajet im Falle eines griechisch-türkischen Krieges zu treffen sein werden. Über das Resultat ist bisher nichts bekannt geworden, die Gefahr einer Massenaustreibung mit ihren bekannten Folgeerscheinungen rückt aber immer näher.


Radowitz



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