1918-10-01-DE-001-V
DuA Dok.439 (re. gk.)

Der Vertreter der Armenischen Republik in Berlin (Ohandjanian) an das Auswärtige Amt


No. 88
Berlin, den 1. Oktober 1918.

Das Ergebnis der kürzlich in Berlin mit Talaat Pascha gepflogenen Verhandlungen gestattet uns, zu hoffen, dass die türkische Regierung, nachdem sie ihren Widerstand gegen die Aner­kennung der Brester Grenze aufgegeben hat, nunmehr durch die baldige Räumung unseres Gebiets ihrem Zugeständnis die Tat folgen lassen wird. Wir sind uns der Bemühungen wohl bewusst, die von der Deutschen Regierung aufgewendet wurden, um dieses für uns erfreuliche Resultat herbeizuführen, und bitten, dafür den Ausdruck unserer aufrichtigen Dankbarkeit gütigst entgegennehmen zu wollen.

Unsere hiesige Delegation wurde in einem Augenblick äusserster Gefahr für unsere Existenz nach Berlin geschickt, um bei der Deutschen Regierung Schutz und Hilfe zu suchen. Wir wurden hier freundlich aufgenommen und genossen in weitestem Masse die Gastfreundschaft des Auswärtigen Amtes, ein Zeichen gütigen Wohlwollens, welches wir zu schätzen wissen, und das uns zur Dankbarkeit ver­pflichtet hat.

Durch die hoffentlich baldige Lösung der Räumungsfrage ist wohl der dringendste Teil der Aufgabe unserer hiesigen Delegation erfüllt. Aber weitere wichtige Fragen, bei deren Lösung wir gleichfalls der gütigen Unterstützung Deutschlands bedürfen – so namentlich in der Frage der Anerkennung unserer Unabhängigkeit, in Fragen der Handels- und Finanzpolitik usw. – und im allgemeinen der Wunsch unserer Regierung, mit Deutschland dauernde Beziehungen freundschaftlichen Einvernehmens zu unterhalten, machen die Anwesenheit eines ständigen Vertreters unserer Republik in Berlin erforderlich.

Von der Geneigtheit der Deutschen Regierung erhoffend, dass auch sie diese Auffassung teilt, hat mich meine Regierung mit der Vertretung ihrer Interessen bei der Deutschen Regierung beauftragt.

Indem ich dies ergebenst zur Kenntnis bringe und nochmals für die mir gewährte Gastfreundschaft meinen verbindlichsten Dank ausspreche, die länger in Anspruch zu nehmen ein Missbrauch sein würde, bitte ich, mir Ihr Wohlwollen auch fernerhin gütigst zuwenden zu wollen.


Dr. H. Ohandjanian

Copyright © 1995-2024 Wolfgang & Sigrid Gust (Ed.): www.armenocide.net A Documentation of the Armenian Genocide in World War I. All rights reserved