1918-07-31-DE-001-V
DuA Dok. 420 (re. gk.)

Die Oberste Kriegsleitung (Hindenburg) an den Chef des türkischen Generalstabs (Seeckt)


B. Nr. 9602
Berlin, den 31. Juni 1918

An General von Seeckt für Enver Pascha

Zu Nr. 1283 or. geh.

Von der Übereinstimmung Euer Exzellenz mit meinen Ausführungen über die Kriegsaufgaben der Türkei nehme ich mit Befriedigung Kenntnis.

Der Zeitpunkt für ein etwaiges Vorgehen gegen Baku wird von den Verhandlungen abhängen, die zwischen den Verbündeten und der russischen Regierung geführt werden müssen. Erst dann wird entschieden werden können, inwieweit deutsche Offiziere und Truppen alsdann an dieser Operation, falls sie notwendig wird, teilnehmen werden.

Meine weitere Stellungnahme zu Euer Exzellenz Ausführungen über Betreib der Ölfelder, Gewinnverteilung, Verwaltung der Ölleitung und der Eisenbahn darf ich mir vorgehalten.

Die Nachrichten über Zahl und Zusammensetzung gegnerischer Truppen bei Baku, sowie über die Beteiligung der Entente an dem dort vorhandenen Widerstand, lauten vielfach widersprechend und sind wohl mit Vorsicht aufzunehmen.

Ob in Georgien die politischen und militärischen Zustände sich tatsächlich in den von Euer Exzellenz angenommenen ruhigen Bahnen weiter entwickeln, muß abgewartet werden. einstweilen zeigt jedenfalls die georgische Regierung den besten Willen, Frieden und Ruhe zu halten.

Die Mitteilungen über die Bewegungen der türkischen Divisionen in Richtung Djulfa bestätigen, dass in diesen Gegenden Kämpfe mit Armeniern stattfinden. Ich würde es für einen ebenso grossen politischen wie militärischen Fehler halten, wenn diese Kämpfe über das militärisch unbedingt nötige Maß ausgedehnt würden. Wir können auch aus militärischen Gründen nicht über die bedenkliche Stimmung hinwegsehen, die durch Exzesse gegen die Einwohner bei diesen Kämpfen in Transkaukasien hervorgerufen würde.

Was die von mir angeregte Einrichtung gemeinschaftlicher Polizei in den Bezirken Achalzych und Achalkalaki und in Ausdehnung der Bahnsicherungen anlangt, so glaube ich meinen früheren Standpunkt nicht verlassen zu dürfen. Alexandropol als Endpunkt deutsch-georgischer Sicherungen gewährleistet auch Armenien eine freie Verbindung zu den Häfen des Schwarzen Meeres, was auch in wirtschaftlicher Beziehung verlangte werden muss. Nach den letzten Mitteilungen aus Transkaukasien stehen übrigens die türkische Bahnsicherung bei Kalageren, ein Zustand, der noch immer den provisorischen Vereinbarungen in Cospoli widerspricht und dessen baldige Änderung dringend erwünscht ist.


Hindenburg.


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