1917-02-05-DE-001
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Quelle: DE/PA-AA/R14095; BoKon/174
Zentraljournal: 1917-A-04898
Botschaftsjournal: A53a/1917/0574
Erste Internetveröffentlichung: 2003 April
Edition: Genozid 1915/16
Praesentatsdatum: 02/12/1917 a.m.
Laufende Botschafts/Konsulats-Nummer: Tageb.Nr. g 278/Kontr.Nr. 28
Zustand: A
Letzte Änderung: 03/23/2012


Der Generalkonsul in Genf (Geißler) an den Reichskanzler (Bethmann Hollweg)

Bericht



Tageb.Nr. g 278 / Kontr.Nr. 28
Genf, den 5. Februar 1917

Im Anschluss an den Bericht No. 21 vom 30. v.M.1


1 Anlage

Euerer Exzellenz beehre ich mich in der Anlage ein Exemplar der im Jahre 1916 im Verlag von Payot & Cie in Lausanne und Paris erschienenen Broschüre „Les massacres arméniens“ von Arnold J. Toynbee einzureichen, zu der Lord Bryce, der frühere britische Botschafter in Washington eine Vorrede geschrieben hat. In einem „Attitude de l’Allemagne“ überschriebenen Kapitel der Broschüre (S. 138 - 150) wird behauptet, dass von Seiten der Deutschen niemals der geringste Versuch gemacht worden sei, der Niedermetzelung der Armenier durch die Türken ein Ende zu machen, obgleich die Deutschen dazu imstande gewesen wären. Der Verfasser wirft sodann (S. 148) die Frage auf, wem die Zerstörung der armenischen Rasse von Nutzen sei. Sicherlich nicht den Türken, antwortet der Verfasser; denn das Land sei durch die Ermordung der Armenier seiner wirtschaftlichen besten Kräfte beraubt worden. Der Verfasser frägt weiter: „Wollen die Deutschen die Erben und Testamentsvollstrecker der Armenier werden? Ist dieses die „Regeneration der Türkei“, von welcher der Reichskanzler im August 1915 im Reichstag gesprochen hat?“ Lord Bryce dagegen erklärt am Schluss der Vorrede des Buchs (S. 19), er habe keine authentischen Nachrichten darüber erhalten können, welche Rolle die deutschen Beamten bei den armenischen Metzeleien gespielt, ob sie dieselben geleitet oder ermutigt haben; es wäre daher nicht gerecht eine Ansicht darüber zu äussern; aber es sei völlig klar, dass nur die öffentlichen Meinung der Welt, insbesondere der neutralen Völker, das Armenische Volk vor der völligen Vernichtung retten könne, indem sie zu diesem Zweck ihren Einfluss auf die Deutsche Regierung ausübt.


Geißler

[Vom Auswärtigen Amt nebst Drucksache (Nr.173) am 14.2. an Botschaft Konstantinopel übersandt.]


[Aufzeichnung Mordtmann 8.3.]

zu A53a/574

Die Anlage (Arnold Toynbee: Les massacres Arméniens, Librairie Payot &t Cie - Lausanne – Paris 1916 mit Vorrede von Lord Bryce.) verdient Beachtung.

Ich hebe folgende Einzelheiten hervor:

S. 15 (Vorrede) Details über die Massacres von Trapezunt nach den Berichten des Italienischen Konsuls - vgl. die Bemerkungen auf 542/17 dieser Akten und I 4197/16 in 489 Bd.3 Bl. 16f.

S. 19 Die maßvollen Worte über die behauptete Mitwirkung deutscher Beamte. je n‘ai pu obtenir des renseignements authentiques sur le rôle qu’on joué les fonctionnaires allemands dans ces massacres, soient qu’ils les aient dirigés soit qu’ils les aient encouragés. Il ne serait donc pas juste d’exprimer une opinion à ce sujet.

S. 26 ff. Über das Armenische Atrozitätenkomité in New York und dessen Veröffentlichungen.

S. 77 ff. Auszüge aus Berichten der Beatrice Rohner ursprünglich erschienen in der Zeitung Sonnenaufgang, Organ des Schuchardt’schen Hilfsbundes.

S. 84 f. ein weiterer Bericht des Amerikanischen Konsuls in Trapezunt über die dortigen Massacres.

S. 138 ff. das Kapitel überschrieben: Attitude de l’Allemagne, aus dem sich u.a. ergäbe, daß die s.Z. viel besprochenen Verleumdungen des Konsuls Roessler auf Armenische Quelle zurückgingen. Der Vf. der Broschüre sagt hierüber S. 149:

Tout le monde peut comprendre que ces témoignages n’ont pas la même valeur que ceux sur lesquels nous avons basé notre récit des massacres. La participation active des fonctionnaires allemands n’est pas suffisamment prouvée; et même si d’autres dépositions venaient établir sans l’ombre d’un doute la culpabilité d‘ Herr Roessler et du Baron Oppenheim nous n’aurions pas encore le droit d’accepter comme véridique la supposition du correspondant du „Gotchnag“ au sujet de la complicité générale de tous les fonctionnaires allemands en Anatolie. Il est, somme toute, peu vraisemblable que les autorités allemandes aient eu les premières l’idée des massacres.

S. 117 über die Massakres in Musch.

Lord Brice ist seit 1. 12. 1903 ausländischer Ritter des Ordens pour le mérite im Gebiete der Wissenschaften.


[Botschaft Konstantinopel an Auswärtiges Amt (No. 163) 8.3.]

Die Anlage wird dem Auswärtigen Amt nach erfolgter Kenntnisnahme und mit der Bitte gef. zurückgesandt, ein Exemplar für die Kais. Botschaft beschaffen und hierher überweisen zu wollen.


1 A 4115.
2 Die Broschüre ist nicht erfaßt, befindet sich aber bei der Akte.



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