1916-05-20-DE-001
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Quelle: DE/PA-AA/BoKon 100/Bl. 97-99
Botschaftsjournal: 10-12/1916/5334
Erste Internetveröffentlichung: 2010 April
Edition: Deportationsbestimmungen
Zustand: A
Letzte Änderung: 03/23/2012


Die Filiale Konstantinopel der Deutschen Orientbank (Lebrecht) an die Botschaft Konstantinopel (Neurath)

Schreiben


Konstantinopel, den 20. Mai 1916.

Sehr geehrter Herr von Neurath.

Unter höfl. Bezugnahme auf mein Schreiben vom 23. Februar d.J. in Angelegenheit der Realisierung der Vermögensbestände armenischer Geschäftsleute gestatte ich mir Ihnen Folgendes zur Kenntnis zu bringen.

Die zur Liquidierung der Vermögen von ausgewiesenen Armeniern eingesetzten Kommissionen haben den mit den erlassenen Gesetzen nicht in Einklang zu bringenden Auftrag erhalten, das bewegliche und unbewegliche Eigentum auch derjenigen Armenier zu beschlagnahmen, die weder von den Orten, aus welchen die Armenier deportiert worden sind, abstammen noch an denselben ansässig sind. Die in Betracht kommenden Personen armenischer Nationalität befinden sich daher in gesetzwidriger Weise ihrer Vermögens beraubt, da die bezüglich der Deportierung erlassenen Verfügungen auf sie keineswegs in Anwendung gebracht werden können.

Ich habe zufällig die Kopie eines Briefes, welchen der Vorsitzende der in Adana eingesetzten Kommission an die dortige Banque Impériale Ottomane gerichtet hat, in Händen und gestatte mir, Ihnen dieselbe in der Anlage zu überreichen. Wie Sie derselben entnehmen können, entsprechen meine vorstehenden Mitteilungen durchaus den Tatsachen und ich möchte Sie daher ergebenst bitten, in geeignet erscheinender Weise gegen den den Liquiditätskommissionen erteilten Auftrag vorstellig zu werden, der nicht nur die Interessen unserer Provinzfilialen in erheblicher Weise gefährdet, sondern uns auch die von verschiedenen armenischen Schuldnern unseres Platzes in Form von Warenbeständen und Grundbesitz in den verschiedenen Vilayets gegebenen Deckungen entzieht.

Ich danke Ihnen verbindlichst im voraus für Ihre freundlichen Bemühungen und verbleibe mit den besten Empfehlungen

Ihr sehr ergebener


Lebrecht
Anlage

[Brief des Präsidenten der Liquiditätskommission an die B.I.O (18.2.1331)]


Commission des biens abandonnés d’Adana-Mersine No. 755.

A la direction de l’agence de la B.I.O. d’Adana.

Pour les Arméniens qui ne sont ni originaires ni habitants des localités dont la population est déplacée mais qui y possèdent des biens et des immeubles, le Ministère de l’Intérieur nous informe, par sa dépêche du 14. Janvier 331, qu’en cas de demande, leurs biens doivent être soumis à la Loi de Liquidation.

Pour ce motif, comme la Banque Commerciale Ottomane réclame Ltq. 587.85 de MM Merdikian qui appartenant à la dite catégorie des déplacés sont actuellement domiciliés à Constantinople, il faut que les marchandises de ces Messieurs, déposées à votre Agence, soient considérées comme des biens abandonnés et soumises aux formalités de Liquidation.


Le 18 Février 331
Le président de la Commission de Liquidation
signé : Ibrahim Edhem.

[Notiz Mordtmann 27.5]


Herr Cartali von der B.I.O. sprach mir neulich von dem Verfahren der Liquidationskommission in ähnlichen Fällen, ohne den Fall Merdikian zu erwähnen. Wie er hinzufügte, konnte die B.I.O. gelegentlich Remidur erreichen. Anscheinend sind die Liquidationssachen mit der hiesigen Zentralstelle (Mukadjirin Komissionn) jetzt ans Finanzministerium überwiesen, wo mehr sachliches Verständnis vorhanden ist.


[Botschaft Konstantinopel an Filiale Konstantinopel der Deutschen Orientbank]
Pera, 30. Mai 1916.

Sehr geehrter Herr Lebrecht!

In Erwiderung auf das gef. Schreiben vom 20. d.Mts. bitte ich um Mitteilung einer Abschrift des türkischen Textes der Ihrem Schreiben beigefügten Anlage in französischer Sprache, da der französische Text an mehreren Stellen unklar ist. Sollten Sie nicht in der Lage sein, den türkischen Text hier zu beschaffen, so wollen Sie mir entsprechende Nachricht zukommen lassen.

Im Übrigen will mir scheinen, daß es in erster Linie Sache der Firma Merdikian fils ist, gegen die Zugriffe der Liquidationskommission Schritte zu tun: Aus Ihrem Schreiben vom 23. Februar und 20. d.Mts. geht nicht hervor, ob sie in dieser Beziehung etwas veranlaßt hat.


Mit besten Empfehlungen
Ihr ergebener
N[eurath]



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