1913-06-25-DE-001
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Quelle: DE/PA-AA/R14079
Zentraljournal: 1913-A-12669
Erste Internetveröffentlichung: 2017 November
Edition: Armenische Reformen
Telegramm-Abgang: 06/25/1913 01:30 AM
Telegramm-Ankunft: 06/25/1913 06:55 AM
Praesentatsdatum: 06/25/1913 a.m.
Laufende Botschafts/Konsulats-Nummer: Nr. 340
Zustand: A
Letzte Änderung: 11/19/2017


Der Botschafter in Konstantinopel (Wangenheim) an das Auswärtige Amt

Telegraphischer Bericht


Constantinopel, den 25. Juni 1913

Antwort auf Tel. 205.

Gefahr in Armenien droht von den dort zurückgebliebenen kurdischen Kavallerieregimentern. Lage muss sich bessern, sobald die gut disziplinierten aktiven Truppen, von denen sich 70 % gegenwärtig in Europa befinden, nach Armenien zurückkehren. Mahmud Schefket wollte deshalb kurz vor seinem Tode eine armenische Division von Tschataltja zurückziehen. Französische Behauptung, dass Demobilisierung besondere Massnahmen nötig mache, ist unwahr. Französische Regierung ist offenbar entweder von England oder von Russland vorgeschickt. Dafür, dass Frankreich für England handelt, spricht folgendes: Pforte hatte kürzlich die englische Regierung erneut unter Anrufen des Cypernvertrags um zwei Generalinspekteure für Ost- und Nordanatolien mit dem Hinzufügen gebeten, dass die Türkei, wenn England nochmals ablehne, sich an eine andere Macht wenden werde. Letztere Drohung hat nach Meldung Tevfik Paschas Sir E. Grey stutzig gemacht und dessen Zusage bewirkt, die Angelegenheit nochmals wohlwollend prüfen zu wollen. Es ist daher nicht ausgeschlossen, dass England, um über die früheren Bedenken, sein Eingreifen werde die Eifersucht anderer Mächte erregen, hinwegzukommen, einen dem französischen Antrage entsprechenden Beschluss der Mächte herbeiführen möchte, um dann der Türkei die Generalinspekteure geben zu können. Anderseits ist es möglich, dass Frankreich als Mandatar Russlands auftritt. Herr von Giers weiss, dass sein auf Schaffung eines Libanonregimes in den armenischen Vilajets gerichtetes Bestreben bei einigen seiner Kollegen auf Widerstand stossen würde. Vielleicht versucht also Russland seine Absicht über die hiesige Botschafterkonferenz hinweg als vorläufige Einrichtung durchzusetzen. Letztere würde sich dann entweder bewähren, sodass die Mächte dieselbe anerkennen müssten oder aber sich als unzulänglich erweisen, was weitergehende russische Forderungen, wie zum Beispiel die Übernahme der Provinz in russische Verwaltung rechtfertigen würde.

Für uns wäre der beste Ausweg, wenn England sich sobald als möglich entschliessen würde, die beiden Generalinspekteure zu stellen, und wenn gleichzeitig die Türkei, um keine privilegierten Gebiete zu schaffen, auch für die anderen Teile des Reiches zur Ernennung von Generalinspekteuren und zur Einführung der Reformen schritte. Wenn der englischen Regierung bekannt würde, dass eventuell andere Mächte bereit wären, der Türkei beizuspringen, so würde dies nicht ohne Wirkung auf die Entscheidung Sir E. Grey's bleiben.

Herr Lowther war heute noch ohne Instruktion. Er hat aber gestern in Gegenwart Fitzmaurice Msgr. Pallavicini gesagt, dass das Libanonsystem sich schliesslich noch am besten für die armenische Provinz eigne. Mir gegenüber hat der englische Botschafter kurz vorher dieses System scharf verurteilt.


[Wangenheim]
[Antwort Jagow 25.6.]

Pera Nr. 207

E. E. haben zur französischen Anregung keine Stellung genommen. Mir erscheint ein seitens Türkei ernannter türkischer Beamter für Pforte am annehmbarsten. England wird für Stellung von Generalinspekteuren in russischer Einflussphäre nicht zu haben sein. Bin daher geneigt, französischer Anregung zuzustimmen. Drahtantwort.



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