Euerer Exzellenz beehre ich mich hierneben Abschrift eines Berichts des deutschen Nachrichtenoffiziers bei der 10. bulgarischen Division, Oberleutnant Schmidt, über die Verhandlungen mit dem IV. griechischen Armeekorps gehorsamst vorzulegen.
Der Bericht wird auch Oberst Gantschew zur Verwertung bei der bulgarischen Obersten Heeresleitung vorgelegt werden
Sehr große Schwierigkeiten entstanden in der Versorgung mit Lebensmitteln, sowohl bei den Truppen wie bei der Bevölkerung. Da Ostmazedonien vom Meere her blockiert ist, herrschte großer Mangel, besonders an Mehl. Diesem greifbaren Übelstand galt es zunächst ein Ende zu machen. Nach vielen Bemühungen lieferten die Bulgaren einige Waggons Mehl, die die ärgste Not linderten. Der Divisionskommandeur stellte jedoch bald die Mehlverteilung ein, um die Griechen durch Hunger zu immer weitergehenden Konzessionen zu zwingen, ohne daß er seinerseits immer die von ihm gegebenen Versprechungen hielt. In Kavalla befanden sich gegen 15000 Flüchtlinge in elendem Zustand, ohne Wasser und Brot. Durch selbständiges Eingreifen, da Verbindung nach rückwärts und Verständigung mit bulgarischen oder deutschen Stellen nicht möglich war, gelang es mir, bei der Kavalla absperrenden bulg. Brigade auf meine Verantwortung den sofortigen Abmarsch der Flüchtlinge in ihre Heimatorte durchzudrücken.
Die dauernd unfreundliche und den Abmachungen zuwiderlaufende Haltung der Bulgaren rief bei den Griechen schließlich so große Erregung hervor, daß einige Tage die Situation sehr gespannt war. Ich bat daher Major Friderici, die umgehende Entsendung eines mit Vollmachten ausgestatteten deutschen Offiziers zur Klärung der Lage erwirken zu wollen, da ich für ein längeres Hinhalten der Griechen nicht einstehen konnte.
Mit dieser Aufgabe wurde Major v. Schweinitz beauftragt. Auch er stieß bei der bulgarischen 10. Division auf große Schwierigkeiten. Ich erinnere mich einer Szene beim Mittagstisch, als ihm der Divisionskommandeur plötzlich entgegen den Major v. Schweinitz von der Obersten Heeresleitung erteilten Weisungen erklärte, er habe Befehl erhalten, nunmehr die sofortige Entwaffnung der Griechen oder bewaffnetes Einschreiten herbeizuführen. Major v. Schweinitz entgegnete außerordentlich energisch und wirksam, daß er hier auf Befehl seines Kaisers die Unterhandlungen mit den Griechen führe und daß er nicht dulden werde, daß auf Befehl des Kaisers getroffene Abmachungen kompromittiert würden. Dieses Auftreten verfehlte seinen Eindruck auf die Bulgaren nicht, und so konnte endlich das Einvernehmen mit den Griechen hergestellt werden, nicht ohne daß nunmehr die bulgarische 10. Division durch als solche von mir nachgewiesenen Falschmeldungen über drohendes und feindseliges Verhalten griechischer Truppen in Ostmazedonien versuchte, bei der bulgarischen 2. Armee einen sofortigen Befehl zu bewaffnetem Vorgehen zu erwirken. Sowohl Major v. Schweinitz wie ich hatten den bestimmten Eindruck, daß den Bulgaren ein Konflikt mit Griechenland unbedingt erwünscht war und daß sie aus diesem Grunde nichts unversucht ließen, um die Griechen zu provozieren.
Die Annahme der Bedingungen der deutschen Obersten Heeresleitung ist wohl vor allem den überaus herzlichen Worten des Generalfeldmarschalls von Hindenburg zu verdanken, die einen tiefen Eindruck auf die Griechen machten. Dazu wirkte neben dem natürlichen Zwange durch die Bulgaren die vornehme und doch sehr energische Art, mit der Major v. Schweinitz die Unterhandlungen führte. Als weiterer glücklicher Umstand kam hinzu, daß der Stabschef des griechischen IV. Korps, Oberst Valeta, in Deutschland auf Kriegsakademie gewesen war und sich sehr verständig in die Lage fand. Den Abtransport der griechischen Truppen in Drama habe ich nicht mehr gesehen. In Adrianopel traf ich am 16.9. abends einen griechischen Militärzug und konnte den begleitenden deutschen Offizier noch rechtzeitig darauf aufmerksam machen, daß die Bulgaren sich in etwas auffallender Weise beim Rangieren mit dem Wagen, auf dem die Geschütze standen, beschäftigten.
Den Abtransport der griechischen Truppen nach Deutschland halte ich für eine außerordentlich glückliche Lösung, da er vor allen Dingen die Möglichkeit weiterer Konflikte ausschließt. Auch erhoffe ich von dem Aufenthalt der griechischen Truppen in Deutschland bei einer würdigen und vornehmen Behandlung einen günstigen politischen Einfluß, der sich wohl besonders für die Zukunft bemerkbar machen dürfte. Vor allem müßte der Eindruck vermieden werden, als ob die Griechen Internierte oder gar Gefangene wären. Bei der großen Empfindlichkeit des griechischen Volkscharakters müßte dieser Gesichtspunkt ganz besonders berücksichtigt werden. Da die Griechen für Äußerlichkeiten sehr empfänglich sind, könnte mit geringen Mitteln viel erreicht werden.