Die Regierung scheint von dem Bestehen einer Verschwörung überzeugt zu sein. Außer Armeniern sollen an dem Komplott noch Griechen beteiligt gewesen sein. Das Hauptziel der Verschwörung soll die Beseitigung des verhaßten Walis von Adana gewesen sein. In Adana sind zahlreiche Verhaftungen vorgenommen worden. Der Überwachungsdienst auf der Post u. dem Telegraphen ist verschärft worden. Zivilisten dürfen den Telegraphen nur noch mit einem besonderen Erlaubnisschein benutzen; das scheint auch für den Diensttelegraphen der Bahn zu gelten. In den Zügen findet eine außerordentlich scharfe Kontrolle der Reisenden statt; Zivilisten werden häufig nach ihren Ausweispapieren gefragt. Südlich des Taurus ist auch die militärische Bewachung des Bahnkörpers und der Stationen bedeutend stärker als in Anatolien.
Hier habe ich über die Angelegenheit keine weiteren Einzelheiten erfahren können; vielleicht bietet mir ein geplanter Ausflug in den Amanus Gelegenheit, näheres zu ermitteln. An das Vorliegen einer Verschwörung will man hier nicht glauben. Man meint, die Armenier wären nach den Erfahrungen, die sie gemacht haben, nicht so unklug, jetzt etwas zu unternehmen, von dessen völliger Aussichtlosigkeit sie überzeugt sein müßten. Für wahrscheinlicher hält man es, daß die Angelegenheit eine reine Erfindung der türkischen Bevölkerung mit Unterstützung der Regierung sei, hervorgerufen durch die armenischen Greuel in Ostanatolien; man verweist hierfür auf Beispiele aus der Zeit vor 2 Jahren, in denen die Regierung verschiedene Vorkommnisse benutzte, um gegen die Armenier vorzugehen.
Herr Konsul Büge hatte mir in Adana einen Kawassen an die Bahn geschickt, Durch diesen habe ich ihm mitteilen lassen, daß, falls ihm nähere Einzelheiten bekannt geworden seien und die Angelegenheit wichtig genug sei, der Botschaft einen Bericht darüber jedenfalls erwünscht sein würde.
Antwort Waldburg:Nein, es ist an das A.A. gar nicht berichtet worden.