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Kurze Chronologie

1877 Aufstand im damals ottomanischen Bulgarien blutig niedergeschlagen. Doch das Eingreifen europäischer Mächte (England, Russland) verhalf Bulgarien nach einem Krieg Russlands gegen das Osmanische Reich zur faktischen Unabhängigkeit.

1878 Berliner Kongress: Friede zwischen Russland und dem Osmanischen Reich. Der Sultan sicherte Reformen, d. h. die rechtliche Gleichstellung aller Untertanen sowie den Schutz von deren Leben und Besitz zu.

1894 – 1896 Von Regierung und Behörden teils geduldete, teils initiierte Massaker gegen Armenier im Osmanischen Reich. Bis zu 300 000 getötete Männer, Frauen und Kinder. Zerstörung vieler Dörfer. Raub von Besitz. Auch in der Folgezeit keine Realisierung der zugesagten Reformen.

1908 Erfolgreicher Staatsstreich der „Jungtürken“ unter dem „Komitee für Einheit und Fortschritt“ gegen die Herrschaft des Sultans. Einrichtung einer parlamentarischen Regierung, die von den Abgeordneten der Armenier unterstützt wurde.

1909 Im Zusammenhang mit einem gegenrevolutionären Putschversuch in Konstantinopel Massaker in der Provinz Kilikien gegen Armenier. Dabei wurden die Täter teilweise, z. B. in der Stadt Adana, von einflussreichen Jungtürken unterstützt.

1912 – 1913 Balkankrieg. Das Osmanische Reich – nun unter der Führung der Jungtürken - verlor nahezu alle seine Gebiete auf dem europäischen Kontinent. Die jungtürkische Regierung reagierte auf Verfolgungen und Vertreibungen von Muslimen aus den verlorenen Gebieten mit Vertreibungen von Griechen, Bulgaren aus dem Osmanischen Reich. Hunderttausende verloren Heimat, Besitz, nicht wenige ihr Leben.

1913 – 1914 Die beklagenswerten Zustände in Türkisch-Armenien fanden erneut Beachtung. Europäische Diplomaten drängten auf eine Erfüllung der 1878 gemachten vertraglichen Abmachungen und die Einlösung der seither wiederholt gemachten diesbezüglichen Versprechungen. Osmanische Politiker sahen Proteste von Armeniern als Versuch an, ähnlich wie die Bulgaren 1876/78 durch ausländische Hilfe die Unabhängigkeit vom Osmanischen Reich zu erlangen. Die Jungtürken in der osmanischen Regierung fühlten sich gezwungen, dem Druck europäischer Mächte nachzugeben. Reformen in den östlichen Provinzen sollten nun unter Aufsicht europäischer Beamter realisiert werden. Der Beginn des Weltkrieges ermöglichte es, die Reformvorhaben fallenzulassen. Aber jungtürkische Führer meinten, sie könnten die Unterstützung armenischer Organisationen erhalten, um die Armenier in Russisch-Armenien gegen die zaristische Herrschaft zu revolutionieren. Das blieb ohne Erfolg. Es folgten Übergriffe auf Armenier. Deren politische Führer und Organisationen forderten die Armenier trotzdem auf, alle Pflichten als Staatsbürger und Wehrpflichtige loyal zu erfüllen.

Im Oktober 1914 drangen türkische Truppen und kurdische Freiwillige in den zum Einflussbereich Russlands gehörenden Nord-Iran ein. Sie beraubten und massakrieren dabei insbesondere Armenier und assyrische Christen. Russische Einheiten, in denen zahlreiche Armenier aus Russisch Armenien dienten, fanden bei ihrem erfolgreichen Gegenschlag die Unterstützung armenischer Freiwilliger aus der Region.

November 1914 Offizieller Kriegseintritt des Osmanisches Reiches

1915 Ein Vorstoß osmanischer Truppen ab Dezember 1914 endete durch Schnee und Eis im Gebirge mit der Niederlage bei Sarikamis. Dies bedeutete eine Bedrohung der Ostgrenze des Osmanischen Reiches. In Grenz- und Frontnähe sahen sich armenische Führer, Organisationen und Dörfer verstärkt Unterdrückungsmaßnahmen ausgesetzt. Türkische Militärs und Politiker wollten die Möglichkeit einer Unterstützung russischer Angriffe durch Armenier verhindern. Morde, Massaker und antiarmenische Propaganda nahmen zu.

Im März verschärften sich auch in frontfernen Gebieten, insbesondere in Zeitun und Dörtyol, Übergriffe und Vertreibungen. Die Vorwürfe lauteten auf Schwächung der osmanischen Kriegsanstrengungen durch Unterstützung von Deserteuren und Spionage für den Feind. Am 13. März fand in Zeitun ein Gefecht zwischen Soldaten und armenischen Deserteuren statt. Die Auseinandersetzung endete mit der Vertreibung der gesamten armenischen Bevölkerung der Stadt ab 8. April. In den Ostprovinzen wurde die gezielte und rücksichtslose Vertreibung der armenischen Bevölkerung mit dem drohenden Vorrücken russischer Truppen begründet. In der mehrheitlich von Armeniern bewohnten Stadt Van weigerten diese sich ab Mitte April, Befehlen der Behörden zu folgen. Sie fürchteten um ihr Leben. Führer der Armenier waren ermordet worden und die Menschen wussten um zahlreiche blutige Massaker in der Umgebung der Provinz und in Nordpersien. Ab dem 20. April einsetzende Angriffe des türkischen Militärs und kurdischer Hilfstruppen auf das verbarrikadierte Armenier-Viertel blieben erfolglos. Die Befreiung der Armenier brachten vorrückende russische Truppen.

Ein am 22. April verkündetes neues Waffengesetz hatte zur Folge, dass die Armenier überall im Osmanischen Reich entwaffnet wurden und die Behörden formal legal überall aufsehenerregende Haussuchungen vornahmen.

Am 24. April 1915 begann in Konstantinopel die Festnahme und Ausschaltung der politischen, kirchlichen und sonstigen Führer der Armenier. Parallel dazu kam es zu einer Ausweitung von Deportationen insbesondere an der Ostgrenze. Ab Mai legalisierte ein Gesetz entsprechende Maßnahmen formal. Der Besitz der Vertriebenen und Ermordeten wurde beschlagnahmt oder geraubt. Überleben konnten Frauen, Kinder und zum Islam Konvertierte.

Am 25. April begann ein Großangriff alliierter Seestreitkräfte auf die Dardanellen.

Ende Mai veröffentlichten die Regierungen Frankreichs, Großbritanniens und Russlands eine Erklärung gegen Massenmorde an den Armeniern und warnten, sie würden alle Beteiligten zur Rechenschaft ziehen.

In den Monaten Mai bis August erfolgte eine Ausweitung der Vertreibungen und Massaker auf nahezu das gesamte Kleinasien. Ausnahmen bildeten Konstantinopel, Smyrna und Aleppo. Am Musa Dagh verschanzten Armeniern gelang vom Juli bis zu ihrer Rettung durch französische Kriegsschiffe im September die Abwehr türkischer Angriffe.

Ein Ende September veröffentlichtes „vorläufiges“ Gesetz über den Besitz von Deportierten legalisierte im Nachhinein Wegnahme, Plünderung und Raub des Besitzes der Armenier. Im Herbst 1915 waren die meisten armenischen Gemeinden zerstört. Überlebende befanden sich in Deportationszügen und Lagern insbesondere in der syrischen Wüste, wo sie von Hunger, Durst, Krankheit hingerafft wurden oder durch Massaker starben.

1916 Die letzten großen Massaker fanden in den Todeslagern unter anderen bei Der Zor in der syrischen Wüste statt. Der Leidensweg der Armenier war damit jedoch nicht beendet. Nach dem Zusammenbruch der zaristischen Herrschaft 1917 drangen in Südkaukasien türkische Truppen vor. Bei den in den folgenden Jahren stattfindenden Gefechten und Metzeleien fanden auch in Georgien, Aserbeidschan und Russisch-Armenien viele Armenier den Tod.

Eine ausführliche Zeitleiste ist im Internet zu finden: www.massviolence.org Chronological Indexes