Seitdem ist mir z.T. erst in den letzten Tagen das folgende Material zugegangen:
Ich erfahre meinerseits, dass bei dem noch nicht lange zurückliegenden Eintritt der Frau Willcocks, damals Miss Tavenger, vorausgesehen wurde, ihre Wirksamkeit in Aintab werde nicht sehr lange dauern. Eine Voraussicht, die sich bestätigt hat. Auch Mr. Willcocks, früher Hauslehrer auf den Philippinen und anscheinend mehr Globetrotter und Kuriositätensammler als ernsthafter Missionar, hat es nicht zu einer langen Wirksamkeit in Aintab gebracht. Beide Eheleute sind noch jung. Sie wären wahrscheinlich eher als Quelle falscher Nachrichten anzusehen, als Mr. Hill. Vielleicht haben sie Aeusserungen in dem Sinne getan, wie es vielfach von Armeniern geschieht, dass alle, welche ihnen geraten haben, sich den Anordnungen der Regierung zu fügen und ihre Waffen abzuliefern, ihnen falsch geraten hätten und an ihrem Verderb schuld seien. Daraus mag dann ein Timesreporter eine Ermutigung der Massakres gemacht haben. In diesem Zusammenhang scheint sogar in einem Blatt der französischen Schweiz mit mir auch Herr Dr. Shepard, Vorstandsmitglied der amerikanischen Mission in Aintab als schuldig an Massakres genannt worden zu sein. Doch habe ich näheres darüber nicht in Erfahrung bringen können.
Ich schiebe gehorsamst hier ein, dass ich die Besprechungen mit der Mission in Aintab zurückhaltend geführt habe. Dr. Merill kam, nachdem ich einer hiesigen Missionarin gesprächsweise von der Verleumdung erzählt hatte, gelegentlich einer Reise nach Aleppo seinerseits zu mir. Mein Brief an ihn vom 4.d.M. enthielt nur ohne eine Bitte auszusprechen, eine Abschrift des Artikels aus dem “Journal” und die Mitteilung, dass im Oberhause ähnliche Beschuldigungen laut geworden seien.
Eine amtliche deutsche Verwarnung gegen die Beschuldigung ist mir bisher nicht bekannt. Meine Haltung in der Armenierfrage ergibt sich aus meiner telegraphischen und schriftlichen Berichterstattung.
Es ist für die deutschen Beamten und Offiziere in der Türkei schwer, die Greuel mitzuerleben und dabei die innere Empörung zu unterdrücken und dazu schweigen zu müssen, ohne helfen zu können. Es ist schwer, zu ertragen, dass unsere türkischen Verbündeten die Verantwortung auf uns abzuschieben suchen und damit weithin in der Bevölkerung Erfolg gehabt haben. Noch einen Schritt weiter aber geht es, wenn ein deutscher Beamter eine schwere Verleumdung der Feinde hinnehmen soll, etwa aus Schonung für die Gefühle unserer einer unerhörten Barbarei schuldigen Verbündeten. Was auch immer die Armenier verschuldet haben mögen, die auch an Frauen und Kindern geübte Vernichtung haben sie nicht verdient.
Die Verleumdung ist von weit verbreiteten Blättern ausgesprochen worden. Lord Cromer und Lord Crewe haben allerdings im Oberhause erklärt, sie hätten keine amtlichen Bestätigung dieser Behauptungen. Lord Crewe hat aber hinzugefügt, dass sie von amerikanischen Beobachtern stamme und dass solches Verhalten eines deutschen Konsuls nicht von vornherein unwahrscheinlich sei. (Knowing what we know elsewhere, we are bound to say, that there could not be said to be any antecedent improbability that such is the case).
Eure Exzellenz darf ich daher gehorsamst anheimstellen, mich vor der Oeffentlichkeit in Schutz nehmen zu wollen. Ich verkenne nicht, dass der Feind mit der Verleumdung bezweckt haben könnte, durch die deutsche Abwehr Uneinigkeit zwischen Deutschland und der Türkei zu säen. Sollte sich aber nicht eine Form finden lassen, welche den Angegriffenen Schutz gewährt ohne den Verbündeten zu verletzen oder sich in Grenzen hält, die von ihm noch hingenommen werden müssen und können?
Gleichen Bericht lasse ich der Kaiserlichen Botschaft zugehen.3